Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 3942 vom 19.06.2004, Kategorie Kolumne
Tigran Petrosian Memorial
Am 17 Juni hätte der Armenier Tigran Vartanovich Petrosian
seinen 75. Geburtstag gefeiert. Leider ist er zu früh, vor genau 20 Jahren, von
uns gegangen. Er war der 9.Weltmeister und prägte entscheidend das
Schachgeschehen in drei Dekaden. Er entthronte Botvinik, verlor aber danach
seinen Titel gegen Spassky. Bekannt wurde er durch seine Verteidigungskunst. Auf
die Frage, warum er so selten opfert, antwortete er, dass er die
Widerlegungen für die Gegner allzu oft fand.
Zum Gedenken wurde in Moskau vom 10. bis 16. Juni ein
Memorial veranstaltet: Das Petrosian-Team gegen den Rest der Welt.
Petrosian-Team: Akopian, Lputian, Vaganian als die besten Armenier, Kasparov
(seine Mutter ist Armenierin), Leko (seine Frau ist Armenierin und heißt
Petrosian mit dem Mädchennamen) und Gelfand (der beste Schüler Petrosians).
Der „Rest der Welt“: Svidler, Adams, Anand, Bacrot, Van Wely, Vallejo Pons.
Jeder Spieler traf auf die sechs Gegner des anderen Teams. Nach sechs
Runden endete dieser spannende Wettkampf knapp für den „Rest der Welt“ mit
18½:17½.
Die Einzelergebnisse und alle Partien online zum Nachspielen finden Sie auf unseren Schach Internet Seiten unter Rubrik „Welt“
Heute vier Ausschnitte vom Turnier:
Kasparov (2817) - Van Wely (2651)
1...La4 2.g5! Lxd1 2...Dc5+ 3.Kh2 Lxd1 4.gxf6 wäre nur Zugumstellung.
3.gxf6 Txd6 Nach 3...Lxf3 4.Dg5 Dc1+ 5.Kf2 Dxd2+ (Auf
5...g6 folgt 6.fxg6) 6.Dxd2 gxf6 7.Kxf3 hätte Weiß großen materiellen Vorteil.
4.Tg2 g6 Vielleicht wäre noch 4...Dc5+ 5.Kh2 Td2
möglich, aber nach 6.Txd2 Lxf3 7.Dg3 Df8 8.Dxf3 nebst 37.Tg2 hätte die Partie
wahrscheinlich auch nicht mehr lang gedauert.
5.fxg6 1–0
Adams (2731) – Akopian (2689)
Schwarz hat einige Probleme mit der Entwicklung. Ein kleiner Trost ist das Läuferpaar.
1...Ke7? Eine Art Entwicklungszug, bereitet das Verbinden
der Türme vor, es gibt aber eine effektive Widerlegung. 1...Tb8? geht wegen 2.Td8+ Kxd8 und 3.Sxf7+ auch
nicht. Der einzige sinnvolle Zug wäre 1...Lb6.
2.Lxb7! Lxb7 3.Td7+ Kf6 4.f4! Es droht Tf7 matt und der
Läufer auf b7 hängt noch (der e5 Springer ist bereits gedeckt).
4...gxf4 5.gxf4 Kf5 6.Txf7+ Ke4 7.Txb7 Tag8. f4 ist indirekt geschützt: 7...Kxf4 8.Sd3+ und Sc5.
8.Tc7 Le3 9.Tc4+ Kd5 10.Th5 1–0
Lputian (2634) – Svidler (2733)
Das Thema heißt: Mattangriff im Endspiel!
1...Lf1+ 2.Kf3 2.Kh2 verliert: 2...Lc7+ 3.f4 gxf4 4.Tb7 Le5.
2...Lc7 3.a5?? Lputian hat wirklich das Matt übersehen!
3.Tb7 konnte die Partie aber auch nicht retten: 3...g4+ 4.Ke4 Lg2+ 5.f3 Txd4+!
6.Kxd4 gxf3 7.Tb2 (7.Txc7 f2) 7...Lg3 8.a5 f2 und Weiß büßt den ganzen
Turm ein. Einziger Zug wäre 3.Ke4 und nach 3...h4 ist der h-Bauer kaum zu
halten:
3...f5 3...f5 4.Sxf5 (4.e4 Td3#) 4...g4+ 5.Ke4 Lg2+ 6.f3 Lxf3# 0–1
Vaganian (2639) – Adams (2731)
Ein klassisches Beispiel für Raumvorteil und die Dominanz des Springers über den Läufer.
1.Tf4 b5 Adams versucht vergeblich, die Stellung zu öffnen.
2.c5 a4 Vielleicht sollte man 2...b4 versuchen. Nach 3.a4 hätte Weiß mindestens die b3-Schwaeche.
3.b4 Tbd8 4.Tfg4 Provoziert noch eine Schwächung der schwarzen Felder.
4...g6 5.Tf4 Kg7 6.Tf6 Blockade! Verhindert f7-f5.
6...Td7 7.Kf2 Zeit für den König.
7...Ta8 8.Ke3 Noch eine Blockade!
8...Taa7 9.h4 Vaganian verstärkt den Druck auch am Königsflügel. Mit e4 hat er keine Eile!
9...h6 Erzwungen, da sonst h4-h5 gefolgt von Th3 und h6 kommt.
10.Th3 Td8 11.Th1 Te7 12.h5 g5 13.d5! Eleganter Durchbruch!
13...Lxd5 13...exd5 14.Sf5+
14.Sxb5 Der Rest ist elementar: der Springer kehrt auf d6 zurück, die Türme auf die b und c -Linie und dann stoßen die beiden
Freibauern vor. 1–0
GM Ilia Balinov / Heinz Herzog