From the Chess archiv of Chess-Results.com: Article: 4857 from 05.02.2007, Category Austria
Simmering Open 2007: Gerald Zetthofer verteidigt seinen Titel, Horst Kunschek abermals "Simmeringer Meister"
Bericht von Margit Almert
Auch heuer ging es wieder rund im Kellerstüberl des "Goldengels".
Erstmals wurde der Bewerb mit neun Partien ausgetragen, was sehr gut ankam.
Etwas weniger ?Schächer? als im Vorjahr waren zum Wettstreit gekommen, was
der Qualität keinen Abbruch tat. Sieben Spieler über 2000 ELO, mit einer
Deutscher Beteiligung, stellten sich dem Kampf. Seit Niki Stanec das Abonnement
für dieses Turnier "aufgekündigt" hat, kristallisiert sich ein neuer
Dauersieger heraus. Mußte Gerald Zetthofer im Vorjahr seinen Titel noch
teilen, so konnte er heuer mit einem Punkt Vorsprung das Turnier für sich
alleine entscheiden, und das noch mit einem Kontumaz! Er mußte gleich zwei! Mal
gegen Kleiser spielen, die erste Partie (Zetthofer konnte berufsbedingt nicht
antreten) ging mit "K" an Kleiser, die tatsächliche gewann Zetthofer. Also
ein 1:1 zwischen den Beiden.
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, heißt es. Die meisten
Spieler wagten sehr viel in ihren Partien. Nicht umsonst waren es gleich vier
Spieler, die mit 6,5 Zählern das Turnier abschlossen und sich um die Plätze
zwei bis fünf scharrten. Freund Buchholz legte, wie immer, die Reihenfolge
fest. Gregor Kleiser und unser sympatischer deutscher Gast, Richard
Kaiser, entsprachen ihren Erwartungen. Zähe Kämpfe säumten ihren
Turnierverlauf. Es wurde kaum ein Remis gegeben, im Gegenteil, sie wurden hart
ausgefochten. Mitreissende Matches waren von Walter Nehonsky zu sehen,
der einige Male das Brett zum "Brennen" gebracht hat. Ein netter Einstieg,
nachdem er lange kein Turnier mehr mit seiner Anwesenheit erfreut hat. Er
schaffte auf Anhieb gleich viele Punkte wie der Zweite.
Der Glücksfaktor hat bei Horst Kunschek gewaltig
zugeschlagen. Eine Partie gewann er durch "Händyläuten" des Gegners, eine
zweite, weil der Gegner nicht kommen konnte. Dennoch, er spielte schöne Siege
heraus und ist ein würdiger Titelverteidiger des "Simmeringer Meisters".
Noch einer, der schon lange kein Turnier gespielt hat, Thomas
Mülner. Trotz unheimlicher Nervösität zeigte er ein schönes Schach.
Einzig die Zeit wurde ihm zuweilen zum Verhängnis. Er hamsterte den Preis U
1600 ein. Johann Flanitzer, auch ein Anwärter auf den Simmeringer
Meister, entschied die Wertung U 1800 mit besonnenem Spiel für sich. Bester
unter den Senioren wurde Gerhard Proksch, der wie immer hartnäckig und
gut vorne mitspielte.
Die Ergebnisse und Ausschreibung finden Sie, wie immer unter www.chess-results.com
und fast hätte ich es vergessen: Sie sind herzlich eingeladen von 7. Jänner
bis 4. Februar 2008 am Simmeringer Open in Goldengel teilzunehmen.
Hier alle Ergebnisse im Detail
Der Turniersieger Gerald Zetthofer

Was noch zu sagen wäre:
Freud und Leid, Jubel und Enttäuschung liegen oft
beieinander, aber das ist eine andere Geschichte. Onkel Christian (Srienz)
erzählt augenzwinkernd: Na dann, lesen Sie wohl!
Es war einmal.................. Der Totengräber von Simmering
Simmeringer Open: Spielen oder nicht spielen, that´s the
question? Jedes Jahr stellt sich diese Frage.Viel Arbeit, wenig Preisgeld, kaum
starke Spieler, nie Spielerinnen (was die Veranstalter dadurch wettmachen, indem
sie Margit Almert als Turnierleiterin engagieren), aber eine nette, nicht
aufregende Atmosphäre. Eine schwierige Entscheidung, aber eigentlich gibt es
anderes zu tun, als sich von eloschwachen Spielern quälen und besiegen zu
lassen. Wer tut sich das an?
Kleiser Gregor spielte heuer mit. Er wollte eigentlich lieber
Schiedsrichter sein, er braucht noch ein Turnier für den Internationalen
Schiedsrichter, es waren aber zu wenige Teilnehmer. Gregor dachte kurz an die
200 Euro für den 1. Platz und entschloss sich mit zu spielen.
Euer Onkel Christian selbst spielte auch mit: Ich wollte
eigentlich nur kurz schauen, ob Niki Stanec wieder mit von der Partie ist, und
wenn ja, die Chance nutzen, ihn zu putzen. Niki kam nicht. Seitdem er
Spielertrainer bei Donaustadt ist, hat er anscheinend neben seinen nie gehegten
internationalen Ambitionen auch aufgehört, sich der Wiener Konkurrenz in
Simmering und Favoriten zu stellen. Ich dachte kurz an die 200 Euro für den 1.
Platz und entschloss mich mit zu spielen.
Gregor Neff spielte ebenfalls mit. Aber was spielt unser "Mister
Barcadi" nicht mit, diese Frage wurde mir tatsächlich am Wochenende beim
Schachtrainerkurs in Graz gestellt. Auf alle Fälle dachte Gregor sicherlich
keine Sekunde an die 200 Euro und spielte einfach mit.
So wie Marcus Lechner, er vervollständigte als D?Artagnon
die Reihe der berühmten Vier.
Das Turnier ist für uns aus Wien, die wir für Tschaturanga
spielen, 2007 ganz normal und unaufgeregt verlaufen: Zetthofer gewann, Kleiser
wurde Wertungszweiter (gemeinsam mit Walter Nehonsky, der mit seiner ersten
Turnierteilnahme seit 30 Jahren einen tollen Auftritt hatte), Neff auf den 6.
Platz, Srienz und Lechner unter ferner liefen.
Kurz vor Beginn der letzten Runde allerdings, wurde mir etwas
bewusst gemacht, da begriff ich zum ersten Mal: Das Simmeringer Open ist nur
Staffage, nur eine Scheinwelt, in der wir uns bewegen, von der wir berichten:
"Du ..." so kam Lorenz Karall, mit dem ich bis jetzt das
beste Einvernehmen hatte, braungebrannt wie immer auf mich zu, den Melange in
der linken Hand, den Zeigefinger der rechten Hand direkt und den Blick scharf
auf mich gerichtet, "du bist der Totengräber von Simmering! Sprachs und ging
zu seiner Partie. Nicht gerade eine alltägliche Begrüßung. Totengräber von
Simmering. Aber, das ist Karall: Originell, auch abseits vom Schach, ich wurde
schon primitiver beschimpft.
So habe ich ? ohne etwas davon zu ahnen - also doch eine
entscheidende Rolle gespielt. Weil hier, in diesem Turnier wird vor allem in dem
best gereihten Simmeringer Vereinsspieler der Meister von Simmering gekürt
wird. Das Open ist gleichzeitig die Vereinsmeisterschaft. Da ich gegen Karall
gewann und gegen Kunschek verlor (eine Kontumaz: Kunschek war drei Tage lang auf
Tauchstation ? sprich Urlaub - und für mich telephonisch wie über email
nicht zu erreichen; ich wollte vorspielen), wurde ich zum Totengräber.
Was wird mit Simmering jetzt geschehen? Mit einem Simmeringer
Meister Kunschek, der in der 7. Runde durch das Läuten des Mobiltelephones des
Gegners gewann, dessen 8. Runden Gegner nicht zur Partie erschien und dessen 9.
Runden Gegner nur einen Namen hatte: Losglück?
Ich persönlich glaube nicht, dass Simmering untergehen wird.
Simmering wird auch mit Kunschek weiterleben. Vielleicht nicht so wie es die
letzten Jahre mit Karall existierte, aber Simmering wird leben. Die Welt im
Kleinen spielt sich ab wie die Welt im Großen: Turniere wie in San Luis und
2007 in Mexiko können ? auch wenn es zumindest Rundenturniere sind ? nicht
den Einzelwettkampf zweier Meister ersetzen. Hier entwickelt sich das wahre
Schach weiter. Kunschek wird es schwer haben als echter Simmeringer Meister
anerkannt zu werden. Zu sehr hat ihm Fortuna, nicht Caissa zugelächelt. Gerade
deshalb fordere ich von den Veranstaltern des Simmeringer Opens, den
Austragungsmodus zu überdenken. Was wäre es für das vor sich hin ruhende
Wiener Schach eine Belebung, wenn ein Wettkampf Kunschek gegen Karall, auf 10
gewonnene Partien, Remisen zählen nicht, ausgetragen werden würde. Und der
Sieger wird der wahre, der einzige, der echte Simmeringer Meister sein.
Was Onkel Christian noch sagen will: "Ich freue mich schon
auf das Simmeringer Open 2008! Und ich werde es diesmal gewinnen, natürlich,
ganz sicher und sowieso!