Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 631 vom 24.04.1998, Kategorie Kolumne

Dramatik auf der Schallerburg: Loosdorf und Kufstein in der Staatsliga A (24. April 1998)

Knapper als erwartet entschieden die als als haushohe Favoriten gehandelten Aufsteiger das auf der Schallerburg ausgetragene Aufstiegsturnier zu ihren Gunsten.

Nach dem Verlauf der Schlußrundenpartien schien es zwischenzeitig als ob Gamlitz und Steyr die Qualifikation bereits in der Tasche hätten, doch das Ergebnis kippte nochmals.

Das Ergebnis bedarf im übrigen noch der Bestätigung durch die Bundesspielleitung, da der Mannschaftsführer von Steyer, Felix Fröschl, gegen die Nichtkontumazierung der Spieler GM Schlosser und FM Grundherr, die 1 3/4 Stunden spät zum Erstrundenwettkampf Gamlitz-Kufstein eingetroffen waren, Protest eingelegt hat. Faktum ist, daß Turnierleiter IS Werner Stubenvoll die durch einen Stau auf der Autobahn verursachte Verspätung nicht geahndete hatte und diese im Einvernehmen mit Matchgegener Gamlitz vernüftigerweise höherer Gewalt zuschrieb, da die Kontumazierung der beiden Spieler massiven Einfluß auf den Ausgang des Aufstiegsturniers genommen hätte.


1.Runde am 17.April 1998

Gamlitz - Kufstein 3 3
IM Brestian Egon - GM Schlosser Philipp ½ ½
FM Kwatschewsky Leo Di. - GM Hort Vlastimil ½ ½
  Bonstingl Georg - IM Wach Markus ½ ½
MK Schigan Manfred - GM Martinovic Slobodan ½ ½
  Ivanussa Bogomir -   Grundherr Martin ½ ½
MK Steiner Bruno -   Kranewitter Norbert ½ ½
Stein/Steyr - Loosdorf 3 3
GM Rotstein Arkadij - GM Jussupow Artur 0 1
FM Weber Gerold - FM Lehner Oliver ½ ½
FM Heidenfeld Mark - IM Videki Sandor ½ ½
  Wukits Rene - MK Boehsmueller Raimund ½ ½
  Lenz Alarich -   Ganaus Hannes 1 0
  Wallner Alfred - MK Raubal Martin ½ ½

2.Runde am 18.April 1998

Kufstein - Loosdorf 3 3
GM Schlosser Philipp - GM Jussupow Artur ½ ½
GM Hort Vlastimil - FM Lehner Oliver ½ ½
IM Wach Markus - IM Videki Sandor ½ ½
GM Martinovic Slobodan -   Ganaus Hannes ½ ½
  Grundherr Martin - FM Neumeier Klaus ½ ½
  Kranewitter Norbert -   Weissenbeck Manuel ½ ½
Gamlitz - Stein/Steyr
IM Brestian Egon - GM Rotstein Arkadij 1 0
FM Kwatschewsky Leo Di. - FM Weber Gerold 0 1
  Bonstingl Georg - FM Heidenfeld Mark ½ ½
MK Schigan Manfred -   Wukits Rene 1 0
  Ivanussa Bogomir -   Lenz Alarich ½ ½
MK Steiner Bruno -   Wallner Alfred ½ ½

3.Runde am 19.April 1998

Stein/Steyr - Kufstein 3 3
GM Rotstein Arkadij - GM Schlosser Philipp 1 0
FM Weber Gerold - GM Hort Vlastimil 0 1
FM Heidenfeld Mark - IM Wach Markus 0 1
  Wukits Rene - GM Martinovic Slobodan ½ ½
  Lenz Alarich -   Grundherr Martin ½ ½
  Wallner Alfred -   Kranewitter Norbert 1 0
Loosdorf - Gamlitz
GM Jussupow Artur - IM Brestian Egon 1 0
FM Lehner Oliver - FM Kwatschewsky Leo Di. ½ ½
IM Videki Sandor -   Bonstingl Georg 1 0
FM Neumeier Klaus - MK Schigan Manfred 0 1
  Weissenbeck Manuel -   Ivanussa Bogomir 1 0
MK Raubal Martin - MK Steiner Bruno 0 1


Endtabelle

Rg. Mannschaft 1 2 3 4 S. R. N. Pkt. MPkt. BrWtg.
1 Loosdorf * 3 3 1 2 0 4 803
2 Kufstein 3 * 3 3 0 3 0 9 3 736
3 Gamlitz 3 * 1 1 1 9 3 724
4 Stein/Steyr 3 3 * 0 2 1 2 677


Interessante Schlußrundenpartien

Weiß: GM A. Rotstein

Schwarz: GM P. Schlosser,P

Englisch [A33]

1. c4 Sf6 2. Sf3 c5 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sc6 5. Sc3 e6 6. g3 Db6 7. Sb3. Alternativen zum Text sind 7. Sdb5, 7. Sc2 und 7. e3.

7. ... Se5 8. e4 Lb4 9. De2 d6. Versucht wurde auch 9. ... 0–0 10. f4 Sc6 11. e5 Se8 12. Ld2 f6 13. c5 Dd8 14. exf6! Sxf6 15. a3 Lxc3 16. Lxc3 d5, Kramnik-Salow, Wijk aan Zee 1998, und hätte der Anziehende mit 17. cxd6 Dxd6 18. Lg2 Sd5 19. Tc1 das etwas bessere Spiel erlangen können.

10. f4 Sc6 11. Le3 Dc7 12. Lg2 Lxc3+ 13. bxc3 0–0 14. 0–0. Früher pflegte man hier mit 14. c5 fortzufahren, z.B. 14. ... dxc5 15. Lxc5 Td8 16. e5 Sa5 und nun:

A) 17. exf6 Sxb3 18. axb3 Dxc5 19. De5 Db6 20. Dg5 De3+ 21. Kf1 Dd3+ remis, Uhlmann-Van der Wiel, Baden-Baden 1993.

B) 17. Lb4 Sxb3 18. axb3 Sd5 19. Lxd5 exd5! 20. De3 Lf5 21. Lc5 b6 22. Ld4 Dd7 23. 0–0 Tac8 24. Tf2 Le4 25. De2 Tc6, mit etwa gleichem Spiel, Filippov-Khalifman, Linares 1997.

14. ... b6. Nicht bewährt hat sich 14. ... e5? 15. f5 b6 16. g4 Se8 17. g5 La6 18. Tf3 Sa5 19. Sxa5 bxa5 20. Th3 und Weiß erlangte in der Partie Moutousis-Wojtkiewicz, Athens 1992, gute Angriffsaussichten.

15. Sd4. 15. g4 führt zu ähnlichen Stellungen wie in der Scheveninger Verteidigung, z.B.

A) 15. ... La6 16. g5 Sd7 17. Tf3 Tfe8 18. Th3 Se7!? 19. f5! exf5 20. exf5 Lxc4 21. Dh5 Sf8 22. Sd4 (Eher günstig für Schwarz ist 22. Lxa8? Sxf5) 22. ... Ld5 23. f6 Lxg2 24. Kxg2 (Unklar ist 24. fxe7 Lxh3 25. exf8D+ Txf8 26. Dxh3 Dxc3 27. Tc1) 24. ... Sd5 25. Ld2 Te5 26. fxg7 Kxg7 27. Tf1 b5, Akesson-C. Hansen, Reykjavik (zt) 1995, und nun hätte sich der Anziehende nach GM Hjartarson mit 28. Thf3! f6 29. gxf6+ Kh8 30. Dh6 klaren Vorteil sichern können.

B) 15. ... Lb7 16. g5 Sd7 17. Tf3 Tac8 18. Th3 Tfe8 19. Dh5 Sf8 20. Tf1 Se7! 21. Sd2 La6 22. Ld4 Lxc4, mit Vorteil für Schwarz, Illeskas-Leko Leon 1996. 15. ... e5. Versucht wurde weiters:

A) 15. ... Sxd4 16. cxd4 La6 17. e5 Lxc4 18. Tfc1 Lxe2 19. Txc7 Sd5 20. exd6 remis, Cvetkovic-Lanka, Trnava 1989.

B) 15. ... Lb7 16. Sb5 De7 17. Tad1 Tfd8 18. Dd3 Se8 19. Tf2 Sa5 20. Sxa7 Txa7 21. Lxb6 mit, wenn überhaupt, geringfügig besserem Spiel für Schwarz, Ostenstad-Dvoiris Per Gynt 1992.

16. Sb5 De7 17. f5 Lb7 18. Tad1 Tfd8 19. g4 Sa5 20. Lc1 h6?. Zu versuchen war 20. ... Se8! 21. g5 Tdc8 22. f6 De6 23. c5 dxc5 24. fxg7 mit unklaren Verwicklungen.

21. h4 Sh7 22. g5 hxg5 23. hxg5 Sxg5 24. f6 gxf6 25. Td3! Kg7. Keine Hilfe versprach 25. ... Sxc4 26. Tg3 Tdc8 (Auf 26. ... d5 entscheidet ebenfalls 27. Dh5) 27. Dh5 und Weiß gewinnt.

26. Tg3 Tg8. Ebenfalls klar vorteilhaft für Weiß ist 26. ... Th8 27. Txf6 Dxf6 28. Lxg5 Dg6 29. Df3, z.B. 29. ... Kf8 30. Lf6 Dh7 31. Th3 Dxh3 32. Lxh3 und Weiß gewinnt.

27. Tf5 Kf8. Nicht besser war auch 27. ... Lc8 28. Tfxg5+ fxg5 29. Lxg5 De8 30. Dh5.

28. Dh5 Ke8 29. Lxg5 Txg5 30. Tgxg5 fxg5 31. Txf7!. Ein hübsches Finale! Schwarz gab auf, da er sich 31. ... Dxf7 32. Sxd6+ nicht mehr zeigen lassen wollte.

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Weiß: GM A. Jussupow

Schwarz: IM A. Brestian,E

Benoni [A44]

1. d4 c5 2. d5 e5 3. e4 d6 4. Sf3 Le7. Ohne Perspektiven für Schwarz ist 4. ... Sa6 5. Lb5+ Ld7 6. a4 Sf6 7. Sc3 Sc7 8. Lxd7+ Dxd7 9. Sd2 g6 10. Sc4 Lg7 11. 0–0 0–0 12. f4 exf4 13. Lxf4 Sce8 14. h3 De7 15. e5 dxe5 16. Lxe5, wie die Partie Vukic-Brestian, Werfen 1989, verdeutlichte.

5. Le2 Sf6 6. Sc3 0–0. Keinen vollen Ausgleich verspricht 6. ... Lg4.

7. Sd2. Die Pointe des von Nimzowitsch stammenden weißen Aufbaus gegen die Benoni-Verteidigung. Der Anziehende verzichtet auf "c2-c4", in der Absicht, den Punkt "c4" mit dem Springer zu besetzen.

7. ... Se8 8. Lg4! Sd7 9. Sc4 Lg5 10. Lxg5 Dxg5 11. h4! Dd8 12. Se3 Tb8 13. a4 b6 14. Df3. Weiß konzentriert alle Kräfte am Königsflügel, Schwarz hofft, am Damenflügel Gegenspiel zu erlangen.

14. ... a6 15. Se2! b5?. Dieser Gegenstoß erweist sich als zu langatmig und gestattet es dem Anziehenden die Herrschaft über die a-Linie zu erlangen.

16. axb5 axb5 17. h5 Sb6 18. Lxc8 Sxc8. Zu erwägen war auch 18. ... Txc8.

19. Sf5 Se7 20. Seg3 Sc7. Auf 20. ... Sxf5 folgt 21. Sxf5 und nun scheitert 21. ... Ta8?? an der zwingenden Widerlegung 22. Se7+ Kh8 23. Sg6+ Kg8 (23. ... hxg6 24. hxg6+ Kg8 25. Th8+ Kxh8 26. Dh3+ Kg8 27. Dh7 matt) 24. Txa8 Dxa8 25. Sxf8.

21. Th3!. Unklar war hingegen 21. Ta7?! Sxf5! (Nicht aber 21. ... Ta8 wegen 22. Txa8! Sxa8 23. Sxg7 Da5+ 24. Ke2 Da4 25. Df6 Dxc2+ 26. Kf3 und Weiß hat deutlichen Vorteil.) 22. Sxf5 Ta8 23. Dg4 Df6 24. Txc7 Ta1+ 25. Ke2 Txh1 26. Td7 h6 27. Txd6 Dg5 28. Dxg5 hxg5 29. g4.

21. ... Sxf5 22. Sxf5 Ta8 23. Txa8 Sxa8. Auf 23. ... Dxa8 folgt vernichtend 24. h6.

24. Dg4 g6. Nach 24. ... Df6?! 25. Tg3 g6 26. Tf3 Dd8 27. Ta3 wäre das weiße Spiel klar vorzuziehen.

25. Ta3 Kh8!?. Besser als 25. ... Sc7 26. Ta7 Kh8 27. Dh4 gxf5 28. Dxd8 Txd8 29. Txc7 fxe4 30. Txf7 und Schwarz steht vor einer äußerst schwierigen Verteidigung.

26. h6 Df6?. Nachdem sich der Wahl-Gamlitzer über weite Strecken in schwieriger Stellung äußerst zäh verteidigt hatte, greift er mit dem Textzug fehl. Richtig und notwendig war 26. ... Sb6!? 27. Ta7 Db8 28. Te7 Dd8 29. Tb7 Sc4 30. Txb5 Da8 31. Dh4 f6 32. Se3 Sxe3 33. fxe3 mit nur wenig besserem Spiel für Weiß.

27. Dh4! Dxh4 28. Sxh4 Sc7. Auch andere Züge sind nicht besser, z.B. 28. ... Sb6 29. Ta7 b4 30. Sf3 f6 31. Tb7 Sc4 32. b3 Sa3 33. Kd2 Sb1+ 34. Kd3 Sc3 35. Sd2 Td8 36. Sc4 und Weiß gewinnt.

29. Ta7 Tc8 30. Sf3 f6 31. g4! g5. Hoffnungslos war auch 31. ... b4 32. g5 f5 (32. ... Se8 33. gxf6 Sxf6 34. Sg5 Tf8 35. Sf7+ Kg8 36. Sxd6) 33. exf5 gxf5 34. Sh4.

32. Sd2 Kg8 33. Sf1 Kf7 34. Sg3 Ke7 35. Sh5 Kf7. 35. ... b4 versetzt Schwarz nach 36. Sg7 Kd7 37. Se6 in Zugzwang.

36. Sg7!.

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Schwarz gibt auf, denn 36. ... Kg6 37. Sf5 und sein Monarch kann dem Mattnetz nur unter großer Materialeinbuße entrinnen bzw. (36. ... Kg8 37. Sf5 Kf8 38. Sxd6 Td8 39. Sf5 Tc8 40. Ke2 b4 41. b3 mit klarem Gewinn für Weiß, wollte er sich nicht mehr zeigen lassen.

ÖM Lothar Karrer