Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 5599 vom 20.08.2010, Kategorie Kolumne
Damenstaatsmeisterschaft 2010
Der Sieg von Eva Moser bei der Damenstaatsmeisterschaft (bei
den Herren gewann sie im Jahr 2006!) sollte eigentlich ein leichter
"Spaziergang" werden. Zur Freude der Zuschauer blieb der Damenbewerb
bis zum Schluss sehr spannend. Die Ursache daran lag in erster Linie an Eva
selbst. Zuerst ließ sie den vollen Punkt gegen die Hauptkonkurrentin Tina
Kopinits in der 3. Runde aus und gleich in der 4. Runde verlor sie unnötig,
nach einem unkorrekten Opfer, gegen Julia Novkovic. Es folgte eine Aufholjagd
auf die führende Wienerin Tina Kopinits. Nach 8 Runden lagen die beiden
Turnierfavoritinnen mit 6,5 aus 8 gleich auf, wobei Eva die bessere Zweitwertung
hatte. Tina, der Titelverteidigerin von 2009, nützte nur ein Sieg in der
letzten Runde. Während Ihre junge Gegnerin Veronika Exler sich präzise
verteidigte und die Partie Remis ausging, konnte Eva zum fünften Mal hinter
einander punkten und damit den Meistertitel bei den Damen holen. Die weiteren
Plätze:
3. Helene Mira 6.5 Punkte,
4. Katharina Newrkla 6,
5. Veronika Exler 5.5,
6. Maria Horvath 5,
7. Annika Fröwis 5,
8. Mag. Andrea Schmidbauer 5,
9. Rebecca Fritz 5.
Exler V. (2143) - Moser E. (2440)
1.e4 d6 Eva spielte in fast jeder Partie eine andere
Eröffnung, sowohl mit Weiß als auch mit Schwarz. Hauptsächlich um der
Heimanalyse der Gegnerin auszuweichen und die eigenen Varianten nicht zu
verraten. Diese werden dann in wichtigeren Partien eingesetzt.
2.d4 Sf6 3.Sc3 Sbd7 4.Le3 e5 5.f3 c6 6.Dd2 Le7 7.Sge2
7...d5?! Eine Neuerung, aber keine besonders Erfolg versprechende.
8.exd5 cxd5 9.0-0-0 0-0 Damit opfert Schwarz einen
Bauern. Die Alternative war 9...e4 10.fxe4 dxe4 11.d5 Lb4 12.a3 La5 13.d6 0-0
14.Sg3 Te8 mit unbestrittenem Vorteil für Weiß.
10.dxe5 Sxe5 11.Sxd5 Sxd5 12.Dxd5 Dc7 13.Lf4 Lf6 14.g4?! Zu
optimistisch! Richtig war 14.De4 und Schwarz hätte weitere Probleme.
14...Le6 15.De4 Tad8 16.Txd8 Txd8 17.Sc3 g5! 18.Lxe5 Lxe5
19.Ld3 Lxc3 20.Dxh7+ Kf8 21.bxc3 Dxc3 22.Dh6+ Ke8 23.Td1 Td5 Weiß hat einen
Bauern mehr, aber Schwarz hat genügend Kompensation.
24.Dh7 Beachtung verdiente 24.h4 Ta5 25.a4 Ld7 26.Lb5
Da1+ 27.Kd2 Dd4+ 28.Kc1 Da1+ mit Dauerschach.
24...Ke7 25.De4 Für die restlichen 16 Züge (die erste
Zeitkontrolle endet nach 40 Zügen) mussten beiden Spielerinnen nur mit dem
30-Sekunden Bonus pro Zug zurechtkommen.
25...Da3+ 25...Kf8!? sollte präziser sein.
26.Kd2 Da5+ 27.Kc1 27.Ke2?? Te5
27...Da3+ 28.Kd2 Da5+ 29.Kc1 Damit sind ein paar Minuten auf der Uhr dazugekommen.
29...b6 Damit sie im Rennen um den Meistertitel bleibt,
musste Eva unbedingt gewinnen. Der Bauer auf b7 hängt oft mit Schach.
30.a4? Das ist der erste Fehler in dieser Partie. Richtig
war 30.f4 gxf4 31.Dxf4 Dxa2 32.h4 und Weiß hat nichts zu befürchten.
30...Dc3 Nun ist Weiß wirklich in Schwierigkeiten. Es
droht schon Td5-d4-a4.
31.h3?? Die Uhr tickt und es ist nicht leicht die einzige
spielbare Variante zu finden: 31.De3 Te5 32.Df2 Da1+ 33.Kd2 Dxa4 34.Dg3.
31...Td4 32.Db7+ 32.De1 Txd3
32...Td7? Eva revanchiert sich! Mit 32...Ld7! könnte sie gleich gewinnen.
33.De4? Die Dramatik steigert sich weiter! Mit 33.Da6! hält Weiß wieder die Balance.
33...a6? Eva versäumte es noch einmal mit 33...Td4! zu gewinnen: 34.De3 Txa4 35.Dxg5+ f6 36.Dg7+ Lf7.
34.f4 Weiß stabilisiert sich erneut. Aber noch stärker war 34.De3.
34...gxf4 35.Dxf4 Td4 36.Dg5+ Kd7 37.De5?? In Zeitnot
fesselt man gern. Aber Achtung, die Dame ist ungedeckt! Richtig war 37.De3! Da1+
38.Kd2 Dxa4 39.Ke2 und der logische Ausgang sollte Unentschieden sein.
37...Da1+ 38.Kd2 Txd3+ 0-1
GM Ilia Balinov / Heinz Herzog