Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 4399 vom 13.08.2005, Kategorie Kolumne
Team-Europameisterschaft in Göteborg
Die heurige Mannschafts-Europameisterschaft vom 30. Juli bis
7. August in Schweden machte deutlich, dass es in Europa keine klaren Favoriten
mehr gibt. Dies gilt sowohl für die Herren als auch für die Damen. Endlich
konnte die holländische Mannschaft ihre Stärke demonstrieren. Van Wely,
I. Sokolov, Tiviakov, Timman und Van Den Doel siegten mit einer Eloleistung
über 2700, vor Israel und Frankreich. Die Russen, ohne Grischuk und Morozevich,
landeten auf dem von niemanden erwarteten 14. Platz. Die Österreicher (IM
Neubauer, IM Pilaj, IM Lehner, IM Lendwai, IM Danner) spielten ein solides
Turnier und erreichten den 28. Platz. Zu erwähnen sind die starken
Leistungen von Martin Neubauer (4½ aus 9 auf Brett 1, Eloleistung 2533) und von
Reinhard Lendwai (5 aus 7 auf Brett 3, Eloleistung von 2563!).
Bei den Damen kam es ebenfalls zu Überraschungen: Gold ging
an Polen! Silber an Georgien und Bronze an Russland. Für das
österreichische Damenschach war es in Göteborg besonders schwer, weil
auf 4 Brettern gespielt wurde und die beiden stärksten Spielerinnen - Eva Moser
und Helene Mira - fehlten. Der letzte Platz für Anna-Christina Kopinits, Maria
Horvath, Sonja Sommer, Laura Nagy entsprach der Erwartung.
Weiß: Berg, E. (2539)
Schwarz: Bareev, E, (2688)
15th ETC Göteborg SWE
Anmerkung: GM I. Balinov
1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Sf6 4.Lg5 dxe4 Die Rubinstein-Variante: neben
Karo-Cann, Bareevs Lieblingsverteidigung gegen 1.e4. Die Hauptfortsetzungen
sind: 4...Le7 und 4...Lb4.
5.Sxe4 Le7 Die Alternative ist 5...Sbd7.
6.Lxf6 Lxf6 Vor einigen Jahren brachte Morozevich mit
6...gxf6 7.Sf3 a6 neue Ideen in die Variante.
7.Sf3 0–0 8.Dd2 Le7 9.Ld3 Sd7 10.0‑0‑0 b6 11.h4
Lb7 12.De2 Ist das Tempoverlust? Eigentlich schon, aber anders geht nicht.
Die Dame steht am besten auf e2, aber im achten Zug (vor 0‑0‑0) war
dies nicht möglich. Viele erinnern sich vielleicht an die Partie 12.Seg5 Sf6
13.c3 Lxf3 14.gxf3 c5 15.dxc5 Dc7 16.Kb1 bxc5 17.Tdg1 Tfd8? 18.Dc2 h6 19.Lh7+
Kf8 20.Sxf7! Anand-Bareev, Wijk aan Zee 2004, wo der Inder im großen Stil
gewann. Auf 12.Seg5 hätte Bareev sicher nicht vor alles noch einmal zu
erleiden, sondern hätte statt 17....Tfd8 17....c4 gespielt, wonach Schwarz
sogar besser steht.
12...c5 Gespielt wird auch 12...Sf6 Zum Beispiel: 13.Seg5
Dd6 (besser ist vielleicht 13...Lxf3 14.Sxf3 Dd6 15.Kb1 Remis, Baklan-Akopian,
Bayern-Ch 2001.) 14.Kb1 c5 15.dxc5 Dxc5 16.Se5 Tac8? (auf 16...h6 ist
17.Lg6 interessant, wie in der Partie.) 17.Sd7! Sxd7 18.Lxh7+ Kh8 19.Txd7
Lxg2 20.Dh5 g6 21.Lxg6+ Kg7 22.Dh7+ Kf6 23.Le4 Lxh1 24.Dh6+ Ke5 25.f4+ Kxf4
26.Sxe6+ 1–0, Baklan-N.Gouliev, Metz 2003.
13.dxc5 Dc7 14.Seg5 Sf6 14...h6 15.Lh7+ Beachtung
verdienen die Züge 15.Sxe6 und 15.cxb6. Hier, einige Varianten:
a) 15.Sxe6 fxe6 16.Dxe6+ Tf7 17.Lc4 (17.Lh7+ Kxh7
18.Dxf7 Sxc5) 17...Df4+ 18.Sd2 Se5 19.c6 Sxc6 (19...Lxc6? 20.The1) 20.Dd7
(20.g3 Df6 21.Dxf6 gxf6 22.The1) 20...Tb8 21.g3 Dd4 22.Dxd4 Sxd4 23.The1
b5 24.Lxf7+ Kxf7 25.c3 Se6 26.Se4 mit Ausgleich.
b) 15.cxb6 Df4+ (15...axb6 16.Sxe6 fxe6 17.Dxe6+ Tf7
18.Lg6 Df4+ 19.Kb1 Sc5 20.Lxf7+ Dxf7 21.Dxf7+ Kxf7 22.Se5+ ist besser für
Weiß) 16.Kb1 (16.De3? Dxe3+ 17.fxe3 hxg5 18.Lh7+ Kxh7 19.Txd7 Lxf3
20.gxf3 Lc5) 16...hxg5 17.Lh7+ Kxh7 18.hxg5+ Kg8 19.Txd7 Lxf3 20.Dxf3 Dxf3
21.gxf3 Lxg5 22.bxa7 wäre unklar, oder 15...Kh8 16.Le4 Lxe4 17.Dxe4 Sf6 18.De2
Df4+ 19.Kb1 Lxc5 20.g3 Df5 21.Se5 Kg8 22.f4 Tac8 mit gleichen Chancen,
Ganguly-Dizdar Dubai open 2004.
15.Se5 Wie gefährlich die schwarze Lage ist, zeigt die
folgende Miniature: 15.Kb1 h6 16.cxb6 axb6 17.Sxe6 fxe6 18.Dxe6+ Kh8 19.Se5 1–0,
Vehi Bach-almeida, Badalona open 2004.
15...h6
Interessante Varianten entstehen auch nach 15...Lxc5. Eine
Simulation: 16.Sexf7 Txf7 17.Dxe6 Te8 (17...Taf8 ist schlechter: 18.Lc4 Lc8
19.De2 Lg4 20.f3 Lh5 21.Se6 De7 22.g4) 18.Lxh7+ Kh8 (18...Kf8? 19.Lg6
Tfe7 20.Lxe8) 19.Sxf7+ Kxh7 20.Sg5+ Kg6 21.Db3 Lxf2 22.Dd3+ Se4 (oder
sogar 22...Kh5!? )
16.Lg6! hxg5 Oder 16...fxg6 17.Sxg6 17...hxg5 18.Dxe6+
Tf7 19.hxg5 Sh7 20.f4 Lxg5 21.fxg5 Lxg2 22.Th5 und Weiß hat starken Angriff.
22...Lf3? wäre wegen 23.Txh7! Kxh7 24.Se5 Lxd1 25.g6+ Kh6 26.gxf7+ Kg5 27.Kxd1
schlecht.
17.hxg5 fxg6 18.Sxg6 Se4 19.Th8+ Kf7 20.Se5+! Dxe5 21.Dh5+ g6
22.Th7+ Dg7 Einzig. 23.Txg7+ Kxg7 24.Dh6+ Kf7 25.Dh7+ Ke8 26.Dxg6+ Tf7
27.c6! Lxc6 27...Lxg5+ 28.Kb1 Lxc6 29.Dxe6+ Kf8 30.Dxc6 Te8 31.f3 und die
Dame und drei Bauern sind hier stärker (der schwarze König ist schwach) als
Turm, Springer und Läufer.
28.Dxe6 Lb7? Notwendig war 28...Kf8 obwohl nach 29.f4 (oder
29.Dxc6 Lxg5+ 30.Kb1 Te8 31.f3) 29...Txf4 30.Dxc6 Td8 31.Txd8+ Lxd8 32.Kd1
Weiß auch besser steht.
29.g6 Tg7 30.Th1! Sf6 31.Th8+ Tg8 31...Sg8 verliert
ebenfalls schnell: 32.Th7 Kf8 33.f4 mit Mattdrohung. 33...Ld5 34.Dxd5 Td8
35.Df5+ Lf6 36.g4.
32.g7 1-0
GM Ilia Balinov / Heinz Herzog