Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 3885 vom 13.02.2004, Kategorie Kolumne
GM Graf gewinnt Deutsche Meisterschaft
Vom 29. Jänner bis 7. Februar fand in Höckendorf bei
Dresden die 75. Deutsche Einzelmeisterschaft statt. Es nahmen nur 46 Spieler
teil, auch fehlten große Namen wie GM Christopher Lutz, GM Artur Jussupuw, GM
Rustem Dautow, GM Robert Hübner, GM Jörg Hickl oder GM Stefan Kindermann.
Deswegen war die Bewertung des Siegers GM Graf über den eigenen Erfolg
recht bescheiden. Trotzdem war der 41-jährige GM aus Leipzig eine Klasse
für sich: 7½ aus 9 mit einem ganzen Punkt Vorsprung. Nach Silber in den Jahren
2001 und 2002 gelang ihm endlich und höchst verdient Gold.
Seine tolle Form bestätigte der Bundesliga-A-Legionär (beim
Führenden Hohenems) Jan Gustafsson. Mit 6½ Punkten belegte der 24-jährige
Jusstudent aus Hamburg den ungeteilten zweiten Platz. Die Überraschung
der Meisterschaft war der dritte Platz und GM Norm des „Schachamateurs“
Thies Heinemann. Titelverteidiger GM Luther wurde nur siebenter.
Endstand:
Weiß: Graf, A. (2629)
Schwarz: Naiditsch, A. (2576)
75. ch-GER Höckendorf [E02]
Anmerkung: GM I. Balinov
1.Sf3 Sf6 2.c4 e6 3.g3 d5 4.d4 dxc4 Die Katalanische Eröffnung.
5.Da4+ Sbd7 6.Lg2 a6 7.Sc3 Tb8 8.Dxc4 b5 9.Dd3 Lb7 10.0–0
Ld6 Keine gute Idee. Besser ist 10...c5 11.dxc5 Lxc5 12.Lf4 Tc8 13.Sg5 (13.Tad1
0–0 14.Se5 Lxg2 15.Kxg2 Sxe5 16.Lxe5 Dxd3 17.Txd3 Sg4 18.Ld4 Tfd8 19.Tfd1 Le7
mit Ausgleich, H. Olafsson-V. Milov EUch Istanbul 2003.) 13...Lxg2 14.Kxg2 0–0
15.Tad1 Db6 16.Df3 Ld4 Remis, Graf-Vallejo Pons ESP-chT 2003.
11.Sg5. Mit 11. Td1 hatte Schwarz in der folgenden
Partie keine Schwierigkeiten: 11....b4 12.Sb1 0–0 13.Sbd2 c5 14.Sc4 Le4 15.Db3
Ld5 16.Dd3 Le7 17.b3 Le4 18.Dd2 Sb6 19.Sce5 Tc8 20.dxc5 Sbd5 21.Lb2 Txc5
Szekely-Beliavsky, HUN-chT 1997.
11...Lxg2 12.Kxg2 Le7 GM Naiditsch hatte offensichtlich
nicht seinen besten Tag! Üblich ist 12...0–0 und auf 13.e4, die
Standard-Antwort in solchen Stellungen 13...e5. Der direkte Versuch 14.f4 (oder
zuerst 13...h6 und dann 14...e5.) bringt wenig: 14...exd4 15.Dxd4 Lc5 16.Dd3
Sb6 und Schwarz hat gutes Spiel.
13.Lf4 Sh5 Schwarz erhält nach 13...Tc8 Probleme mit dem
Damenflügel. Zum Beispiel: 14.a4 c5 15.axb5 cxd4 16.Dxd4 axb5 17.Ld6 ist stark.
17.Sxb5 ist nicht so klar: 17...e5 18.Lxe5 Sxe5 19.Dxe5 Tc5 20.Sd6+ Dxd6 21.Ta8+
Kd7 22.Dxd6+ (22.Ta7+ Kc8 23.De3 (23.Dxd6 Lxd6 24.Sxf7 Lb8) 23...Dd5+
24.Sf3 Ld6 25.Tfa1 Te8 und die schwarze Position ist fest) 22...Lxd6 23.Txh8
Txg5 24.Tb1 Tb5 25.b3 und Schwarz kann die Partie halten.
14.Sce4 Sxf4+ 15.gxf4 Sb6 Wünschenswert wäre, den
rückständigen Bauern mit 15...c5 aufzulösen, aber nach 16.d5 Lxg5 17.Sxg5 (17.dxe6
Le7 18.exd7+ Dxd7 ist zu wenig.) 17...exd5 18.Dxd5 De7 19.Tfd1 Td8 20.Td3 0–0
21.Tad1 ist die Fesselung auf der d-Linie tödlich.
16.Tac1 h6 Den a2-Bauern zu verspeisen, ist zu
gefährlich: 16...Dd5 17.Kg1 h6 18.Sf3 Dxa2 19.b3.
17.Sf3 Sd5 18.e3 Tb6 19.Tfd1 g5 Sehr ambitioniert!
Alternative wäre 19...f5 oder 19...0–0.
20.Sc3 Eine starke Erwiderung, die wahrscheinlich von
Naiditsch übersehen worden ist. Wo findet der schwarze König jetzt Sicherheit?
20...f5 Auf 20...gxf4 folgt 21.e4 mit klarem
positionellem Vorteil für Weiß.
21.Se5 gxf4 Ähnlich wie in der Partie verläuft folgende
Variante: 21...Sxc3 22.Txc3 Dd5+ 23.f3 Ld6 24.e4 fxe4 25.fxe4 Dxa2 (25...Da8
26.De2) 26.De2 gxf4 27.Dg4! mit entscheidendem Angriff.
22.e4 Sxc3 23.Txc3 Da8 Die schwarzen Figuren wirken
ziemlich disharmonisch.
24.f3 Td6 Auf 24...fxe4 25.fxe4 Ld6 folgt 26.Df3.
25.exf5 Lf6 26.fxe6!
26...Tg8+ 27.Kf1 Lxe5 27...Dd5 28.Df5 Dxe6 29.Dh5+ Kd8
30.Sf7+ mit Qualitätsgewinn.
28.Df5 Tf8 29.Dh5+ Kd8 30.Dxe5 Te8 31.d5. Vielleicht hat
sich Schwarz jetzt auf 31....Texe6 verlassen, aber das funktioniert nicht:
32.dxe6 Txd1+ 33.Ke2 Td6 34.Dh8+, daher
1–0
GM Ilia Balinov / Heinz Herzog