Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 3823 vom 26.12.2003, Kategorie Kolumne

Zwei Schachpartien aus Paris

Heute zwei interessante Partien vom gerade laufenden und vom NAO Chess Club organisierten GM-Turnier.

Bagheri, A. (2541) – Murey, J. (2465)

1.d4 e6 2.Sf3 c5 3.c3 Sf6 4.Lg5 Db6 5.Sbd2 Die Alternativen sind: 5.Dc2 oder und 5.Db3.

5...Dxb2 Sonst ist die ganze Aktion beginnend mit 4....Db6 sinnlos.

6.Sc4 Dxc3+!? Es ist nicht der Stil von GM Murey sich passiv mit 6...Db5 7.e4 Dc6 8.d5 zu verteidigen. Weiß hätte starke Initiative mittels 8...exd5 9.exd5 (9.Sce5 Dd6 10.exd5 Dxd5 11.Dxd5 Sxd5 12.Lc4) 9...Dxd5 10.Ld3 De6+ 11.Se3 für das Bauernopfer erlangen können.

7.Ld2 Dxc4 8.e4

Die Dame sitzt in der Falle!

8...Dxf1+ 9.Kxf1 Sxe4 Es ist eine äußerst seltene materielle Konstellation entstanden: zwei leichte Figuren und drei Bauern für Dame!

10.Dc2 Den Läufer sollte man mit 10.Le3 behalten.

10...Sxd2+ 11.Sxd2 Sa6 12.h4 Mit der Idee den Turm über h3 ins Spiel zu bringen.

12...Le7 13.Th3 Sb4 14.Db3 cxd4 15.Tg3 Weiß träumt von der Initiative?!

15...0–0 16.h5 d5 Es wird langsam klar, dass der d4 Bauer am Leben bleibt.

17.Sf3 Sc6 18.Tc1 Ld6 19.Tg4 Es ist jetzt offensichtlich geworden, dass sich der Turm verlaufen hat.

19...e5 20.Tg5 h6 21.Dxd5 La3! Dieser Zug ist viel stärker als 21...hxg5 22.Dxd6.

22.Txc6 Aus lauter Verzweiflung! 22...bxc6 23.Txg7+ Das Drama ist, dass 23.Dxc6 hxg5 24.Dxa8 wegen 24...La6+ nicht geht.

23...Kxg7 24.Dxe5+ Kg8 25.Dxd4 In kürzester Zeit verlor Weiß eine Menge Material. Der Rest ist relativ einfach.

25...Le6 25...Te8 wäre genauer.

26.De3 Tab8 Schwarz macht es noch einmal spannend! Viel leichter war 26...Lb2 27.Dxh6 Tfd8 und Weiß hat keinen wirklichen Angriff.

27.Dxa3 Tb1+ 28.Ke2 Te8 29.Ke3 Vielleicht doch 29.Kd3 ?!

29...Ta1 30.Kf4 Verliert schnell. Richtig war 30.Dxa7 Txa2 31.Dc7 Ld5+ 32.Kd3 Tea8 33.Ke3 und wenn 33...T8a3+ 34.Kf4 Txf2 hätte Weiß mit 35.Dc8+ Kg7 36.Dg4+ Kf8 37.Dc8+ Ke7 38.Dc7+ Ke6 39.Dc8+ Kf6 40.Df8 Gegenspiel.

30...Txa2 31.De3 Ta5 32.Se5 Lc8 33.Dg3+ Kf8 0–1


Pira, D. (2403) - Gozzoli, Y. (2430)

1.d4 Sf6 2.Sf3 e6 3.Lg5 h6 4.Lxf6 Dxf6 5.e4 d6 6.Sc3 Sd7 7.Dd2 c6 8.0–0–0 e5? Dieser Fehler kommt sehr oft in der Praxis vor. Richtig ist 8...Dd8 nebst 9....Le7 und dann erst 10....e5.

9.dxe5 dxe5 10.Sb5!

10...Kd8 Der Springer kann nicht genommen werden: 10...cxb5 11.Lxb5 De6 12.Sxe5 Dxe5 13.Lxd7+ Ke7 14.Lxc8 Txc8 15.Dd7+ Kf6 16.Dxc8 La3 17.Df5+ mit Gewinn.

11.Kb1 Ein neuer Zug. Eigentlich ist das Erprobte 11.Da5+ b6 12.Dc3 stark genug. Z.B. 12...a6 (12...cxb5 13.Lxb5 Tb8 14.Sxe5 Tb7 15.Td5 Lc5 16.Thd1 und Weiß erhält die Figur mit Zinsen zurück.) 13.Sd6 Lxd6 14.Dxc6 und Weiß steht klar besser.

11...De6 12.Dc3!? Jetzt ist es ein echtes Opfer!

12...cxb5 13.Lxb5 f6 14.Sh4 Auf die Turmverdoppelung 14.Td5 folgt 14...g6 15.Thd1 und 15...Th7.

14...Le7 Beachtung verdiente sofort 14...a6 15.La4 und 15...b5 16.Lb3 Dg4 17.Da5+ Ke8 18.Dc7 Dxh4 19.Txd7 (19.Le6 Le7 20.Dc6 Tb8 21.g3 Dh5 22.Dc7 Kf8 23.Lxd7 Lxd7 24.Dxb8+ De8 und Schwarz hat das Schlimmste überwunden.) 19...Lxd7 20.Td1 Dg4 21.f3 Tc8 22.Db7 De6 23.Lxe6 Lxe6 24.Dxa6 Ld7 und die Stellung ist unklar. Oder 17.g3 17...Ta7 18.Lf7 mit der Drohung Sh4-g6.

15.Td3 Sehr direkt wäre auch 15.Sg6 Te8 16.Td3 a6 17.Lxd7 Lxd7 18.Thd1 Tc8 19.Db3 mit großem Vorteil.

15...a6 16.La4 Der Zug lässt Schwarz ein bisschen Luft schnappen! 16.Lxd7 Lxd7 und 17.Thd1 war immer noch sehr stark.

16...Ta7 17.Thd1 b5 18.Lb3 Db6 19.Sg6 Tf8 Auf 19...Te8 folgt 20.Lf7 Tf8 und 21.Db3.

20.f4 IM Pira wollte die Stellung noch mehr öffnen.

20...Tc7 21.Dd2 Dc5 22.Le6 Db4 23.De2 Dc5 24.c3 Dc6 25.Ld5 Db6 26.Sxe7 Sehr verpflichtende Entscheidung. Weiß spielt weiter mit einer Figur weniger.

26...Kxe7 27.Dg4 g5 28.Df5 Lb7 29.Dh7+ Kd8 30.Dxh6 Te8 31.fxg5 Lxd5 32.Txd5 De3? Grober Fehler. Schwarz könnte den Kampf mit 32...Kc8 33.Td6 De3 34.Dg6 Tf8 35.gxf6 Sc5 fortsetzen.

33.Dxf6+ Te7 33...Kc8 verliert auch schnell: 34.Dxa6+ Kd8 35.Df6+ Kc8 36.Txd7 Dxe4+ 37.T7d3 Td7 38.Da6+ Kd8 39.Dxb5.

34.Txe5 De2 35.Dxe7+ Kc8 36.Ted5 Dxd1+ 37.Txd1 1–0

GM Ilia Balinov / Heinz Herzog