Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 3809 vom 12.12.2003, Kategorie Kolumne
Partienachlese aus der Bundesliga
Die vielleicht spektakulärste Partie aus der Trippelrunde in Graz!
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Weiß: Ftacnik, L. (2535)
Schwarz: Atlas, V. (2467)
Bundesliga 2. Runde
Union Ansfelden - SK Hohenems
Anmerkung: GM I. Balinov [A34]
1.c4 Sf6 2.g3 c5 3.Lg2 Mit dieser Reihenfolge erschwert
Weiß den Igelaufbau mit b7-b6 und Lc8-b7.
3...e6 4.Sf3 a6 5.Sc3 Dc7 6.0–0 b6? Schwarz möchte
unbedingt die Igelstruktur erreichen: Bauern-a6, b6, d6, e6, f7, g7 (g6), h7,
was im konkreten Fall zu Problemen führt. Besser wäre zuerst 6...d6 oder
6...Le7.
7.d4 cxd4 Auf 7...Lb7 folgt 8.d5
8.Lf4! Starker Zug und nicht neu! Wenn mit 8.Sxd4 Lb7
9.Lf4 begonnen wird, hat Schwarz 9...Dc8 zur Verfügung.
8...d6 9.Sxd4 Lb7 10.Lxd6!
10...Lxd6 11.Sdb5 axb5 12.Sxb5 Lxg2 Die Alternative war
12...Sc6 13.Sxc7+ Lxc7. 12...Dd7 verliert wegen 13.Lxb7 Ta5 und 14.Dxd6 und
Weiß hat zwei Bauern mehr.
13.Sxc7+ Lxc7 14.Kxg2 Seltene materielle Verhältnisse:
Dame und zwei Bauern für drei leichte Figuren. Die Dame sollte stärker sein.
14...0–0 Dies alles geschah schon in der Partie Schmidt
H.-Weber D., Norderstedt open 2000.
15.Db3 Nicht gleich 15.b4 wegen 15...Le5. Aber 15.a3 mit
Idee b4 war interessant, um die Bauernmehrheit am Damenflügel zu realisieren.
15...Sbd7 16.Tfd1 h5 Luftloch und auch Suche nach
Gegenspiel am Königsflügel.
17.a3 Tfc8 Es ist wichtig für Schwarz, einen Turmtausch
zu vermeiden. Deswegen ist die d-Linie uninteressant.
18.Tac1 e5 19.Db5 Sc5 20.f3 Schwere Entscheidung.
Einerseits wird das Feld e4 kontrolliert, auf der anderen Seite werden die
schwarzen Felder rund um den König geschwächt.
20...Se6 21.Db4 Ta5 22.Dc3 Tca8 Schwarz erreichte
inzwischen mehr als Weiß: die Figuren stehen harmonisch und sind bereit für
Angriff. GM Ftacnik spielte nach dem Damengewinn unentschlossen, verlor viel
Zeit und seine Mehrbauern am Damenflügel sind immer noch dort wo sie waren.
23.Ta1 e4! IM Atlas öffnet die fünfte Reihe für den
Turm und die Diagonale für den Läufer.
24.f4 h4 25.b4 Th5 26.e3 Ld8 Vorbereitung für den Hebel
g7-g5.
27.Db3 g5 28.a4 Sg7 29.a5 hxg3 30.axb6 Der Slowake
verschärft die Position! Nach dem ruhigen 30.hxg3 und 30...gxf4 31.gxf4 bxa5
ist die Lage unklar.
30...Txh2+ 31.Kxg3 Die folgende Variante zeigt, wie ernst
die weiße Situation ist: 31.Kg1 Txa1 32.Txa1 Sg4 33.b7 (33.Ta2 Sf5 34.Txh2
gxh2+ 35.Kg2 Sfxe3+ 36.Kh1 Lxb6 mit baldigem Sieg. 33.Ta8 Sf2 34.Txd8+ Kh7 und
Schwarz gewinnt). 33...Sf2 34.Kf1 (34.b8D Sh3+ 35.Kf1 g2+ 36.Ke2
g1D#) 34...Lc7 (34...Sh3 35.Ta2) 35.Ta8+ Kh7 36.b8D Lxb8 37.Txb8 Sh3
und gegen g3-g2 ist Weiß hilflos.
31...Te2 32.fxg5 Ein schönes Finale wäre 32.Txa8 Sf5+
33.Kh3 g4#.
32...Sfh5+ 32...Sf5+ ist unzureichend für Schwarz:
33.Kh3 Txa1 34.Txa1 Lxb6 35.c5 Lc7 36.gxf6 Txe3+ (36...Th2+ 37.Kg4 Sh6+
38.Kg5 Kh7 39.Tg1 und der König ist sicher.) 37.Dxe3 Sxe3 38.b5 Sd5 39.Td1
und Weiß wird die Partie gewinnen.
33.Kh3 Txa1 34.Txd8+? Fehlentscheidung! Richtig war
34.Txa1 Lxb6 (34...Se6 35.Ta8 Kg7 36.Txd8 Sxd8 37.Dd1) 35.c5 Lc7 36.Ta2
Txa2 (36...Te1 37.Ta8+ Kh7 38.Dxf7) 37.Dxa2 und Weiß hat wieder die
Oberhand.
34...Kh7 35.Td1 Se6!
36.c5? Weiß spielt weiter auf Gewinn und überzieht. Man
sollte sich mit Punkteteilung zufrieden geben: 36.Txa1 Sxg5+ 37.Kh4 Kg6 38.Th1
Sf3+ 39.Kh3 Sg5+ 40.Kh4 Sf3+ mit Dauerschach.
36...Sxg5+ 37.Kg4 Kg6 Droht tödlich f7-f5.
38.Td6+ f6 39.Dg8+ Sg7 40.Txf6+ Einziger Zug.
40...Kxf6 41.Dd8+ Kf7 42.Dd7+ Kg6 43.Kf4?? Grober Fehler
nach schwerem Kampf. Weiß könnte die Partie immer noch halten: 43.Dc6+ S7e6
44.De8+ Kg7 45.De7+ Sf7 (nach 45...Kg6 folgt 46.De8+ Kg7 47.De7+ Dauerschach.
Auf 47...Kg8 folgt 48.b7) 46.Kf5 und die Situation ist völlig
unübersichtlich.
43...Tf2+ 44.Ke5 Tf5+ 45.Dxf5+ Sxf5 46.c6 Oder 46.b7 Sf7+
47.Kxe4 (47.Kd5 Td1+) 47...S7d6+ 48.cxd6 Sxd6+ 49.Kd5 Sxb7 mit gleichem
Ausgang wie in der Partie.
46...Sf7+ 47.Kxe4 Tb1 0–1
GM Ilia Balinov / Heinz Herzog