From the Chess archiv of Chess-Results.com: Article: 3742 from 24.10.2003, Category Column
Team-Europameisterschaft in Bulgarien
Zum zweiten Mal nach 1983 wurde die
Mannschaftseuropameisterschaft nicht zufällig in Plovdiv ausgetragen. Sie ist
die zweitgrößte Stadt Bulgariens, Schachmetropole mit alter Tradition und auch
meine Heimatstadt. Hier begannen die Schachkarrieren der Großmeister wie
Bobotsov, Tringov, Padevsky, Georgiev, Popchev und auch die jüngere Generation:
Genov, Radulski und der 15-jährige Ivan Cheparinov.
36 Nationen bei den Herren und 30 bei den Damen nahmen bei
dieser ausgezeichnet organisierten Veranstaltung teil. Zwei wichtige Regeln
prägten entscheidend den Turnierverlauf: Die Zeitkontrolle (90 Minuten + 30
Sekunden pro Zug für die ganze Partie) und die Reihung des Endstandes nach
Matchpunkten (Sieg-2, Remis-1, Niederlage-0) und danach erst nach den
Partiepunkten. Über die zweite Regel hörte ich viele Bedenken, sowohl von den
Spielern als auch von den Kapitänen, weil durch diesen Modus eine einzelne
Partie manchmal sehr viel und manchmal kaum Einfluss auf den Endstand hat. Es
ist für die Matchpunkte egal ob das Team 4:0 oder 2½:1½ gewinnt. Davon
profitierten die Sieger aus Russland am meisten. Von 9 Runden gewannen sie 7
Runden „minimal“ mit 2½:1½. Ein Unentschieden in der letzten Runde reichte
ihnen zu Gold und Israel zu Silber. Bei den Damen fiel die Entscheidung in der
letzten Runde und zwar ziemlich überraschend. Gold für Armenien, Silber für
die jungen und wenig bekannten Spielerinnen aus Ungarn und Bronze für die
Favoritinnen aus Russland. Sie stolperten gegen die Zweitplazierten in der 8.
Runde.
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Über die enttäuschende Vorstellung der österreichischen
Herren, 35. Platz von 37 Teams, kann man viel diskutieren. Eines war klar:
Abgesehen von IM Volkmann, der über seiner Erwartung spielte, waren alle in
einem Formtief, inklusive mir als spielender Kapitän. Zusätzlich zu erwähnen
ist, dass neun Mannschaften spielfrei waren, was ihnen automatisch zwei
kampflose Matchpunkte einbrachte.
Am Schluss das Erfreulichste aus österreichischer Sicht: die
Bronzemedaille auf Brett eins von Eva Moser bei den Damen! Die Goldene war in
greifbarer Nähe. Leider stellt sie in der 7. Runden in Zeitnotphase einen
Springer ein.
Kaum ist ein Großereignis zu Ende gegangen, beginnt gleich
das nächste. Gestern hat die Schüler- und Jugendweltmeisterschaft begonnen.
Sie wird vom 23. Oktober bis 11. November in Griechenland (in Kallithea auf der
Halbinsel Chalkidike) ausgetragen. Etwa 1000 Teilnehmer nehmen daran teil. Da
auch dieses Turnier - ebenso wie die Team-Europameisterschaft - mit dem
Auslosungsprogramm Swiss-Manager meines Kolumnistenkollegen Dipl. Ing. Heinz
Herzog abgewickelt wird, sind die Ergebnisse knapp nach der Runde auf unseren
Online-Schachseiten verfügbar.
Ilia Balinov
Am Ende eine Partie des Brett 1-Spielers vom Siegerteam aus Russland.
Weiß: Svidler, P. (2723)
Schwarz: Shirov, A. (2737)
EuTCh Plovdiv BUL [B12]
Anmerkung: GM I. Balinov
1.e4 c6 2.d4 d5 3.e5 Lf5 4.Le3 Db6 5.Dc1 Sh6 Am nächsten
Tag spielte Shirov diese Variante schon mit Weiß: 5...e6 6.c4 Se7 7.c5 Dc7
8.Sc3 Sd7 9.Le2 f6 10.f4 Le4 11.exf6 Sxf6 12.Sf3 Sf5 13.0-0 Sg4 14.Ld2 Lxf3
15.Lxf3 h5 16.Se2 g6 17.Dc2 Lg7 mit komplizierter Stellung, Shirov-P.Genov EM
Plovdiv 2003.
6.Sf3 6...e6 7.Sbd2 Anand erreichte Vorteil mit 7.c4 dxc4
8.Sbd2 Ld3 9.Lxd3 cxd3 10.Lxh6 gxh6 11.0-0 Sd7 12.Td1 Da6 13.Se4 Anand-Khenkin,
BL 2003.
7...c5 8.Sb3 Sd7 Aufmerksamkeit verdiente 8...c4 9.Sbd2
Sc6.
9.dxc5 Sxc5 10.Sfd4 Sg4 Shirov spielt wie immer
originell! Ein normaler Spieler hätte 10...a6 11.Dd2 (11.Lxh6 Sxb3 12.Sxb3
gxh6) 11...Le4 gezogen.
11.Lb5+ 11.Sxf5 exf5 wäre problemlos für Schwarz.
11...Kd8 12.0-0 Sxe3 Vielleicht voreilig. 12...Le4 wäre
die Alternative.
13.Dxe3 Lg6 14.Tfd1 Jetzt ist Weiß voll mobilisiert und
muss nur das Zentrum mit c2-c4 sprengen.
14...Kc7 15.c4 dxc4 15...a6 kommt nur dem Weißen
entgegen: 16.cxd5 axb5 17.Sxe6+ fxe6 18.d6+ Kd8 19.Sxc5 Ke8 20.d7+ Kf7 21.Df3+
Kg8 22.Dxb7.
16.Lxc4 Tc8 17.Sd2 Stark war auch 17.Sb5+ Kb8 18.a4.
17...Kb8 18.Lb5 Macht c4 frei für den Springer.
18...a6 19.Le2 Sa4 20.Sc4 Txc4 Die passive Verteidigung
20...Da7 21.b3 Sc5 22.b4 Sa4 23.b5 ist nicht nach Shirovs Geschmack.
21.Lxc4 Sxb2 22.Sxe6!
Svidler lässt sich eine solche taktische Möglichkeit nicht
entgehen!
22...Dxe3 23.Td8+ Ka7 24.fxe3 fxe6 25.Lxe6 Nach 25.Lxe6
Ld3 26.a4 g6 27.Ta2 ist die schwarze Lage hoffnungslos. 1-0
Hier finden Sie alle Details zum Turnier
GM Ilia Balinov / Heinz Herzog