Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 3320 vom 15.11.2002, Kategorie Kolumne
Olympia-Gold für Russland und China
Kaum jemand zweifelte am Sieg der als Nummer 1 gesetzten Russen (Eloschnitt
2734. Garry Kasparov, Alexander Grischuk, Alexander Khalifman, Alexander
Morozevich, Peter Svidler, Sergei Rublevsky), auch nicht nach der
1½:2½-Niederlage gegen die am Ende zweitplatzierten Ungarn (Peter Leko, Judit
Polgar, Zoltan Almasi, Zoltan Gyimesi, Robert Ruck, Peter Acs) in der 9. Runde.
Kämpferisch und mit enormem Teamgeist präsentierten sich die Armenier –
völlig verdient der dritte Platz.
Endstand nach 14 Runden:
Der beste Spieler nach der Eloperformance wurde der auf Brett eins spielende
Gary Kasparov mit 7½ aus 9 und einer Performance von 2933. Etwas ins Schwitzen
kam die Jury bei Robert Gwaze aus Simbabwe, der - ebenfalls auf Brett 1 - 9 aus
9 (!) erreichte (aber bei weit schwächeren Gegnern als Gary). Für 100% ist die
Eloperformance undefiniert! Sollte er den Performance-Preis erhalten? Der
Veranstalter beschloss, einen Sonderpreis zu vergeben für den einzigen Spieler
mit 100% aus mindestens 9 Partien.
Bei den Damen siegte China (29½ Punkte) vor Russland (29) und Polen (28).
Zehn Runden lang dominierten die Georgierinnen, ehe sie dann aber drei
Niederlagen in Folge kassierten. Die beste Xue Zhao (CHN) mit einer
Elo-Performance von 2707.
Die österreichischen Herren kämpften bis zur letzen Runde, die leider mit
einer 1-3 Niederlage gegen die Belgier endete, wacker im Mittelfeld (sie hatten
meist stärkere Gegner). Fazit: 64 Platz. Die Rot-Weiß-Roten Damen belegten den
49. Platz.
Hier die österreichischen Einzelergebnisse:
Auf unseren Schachseiten im Internet finden Sie alle Ergebnisse, die besten
Spieler und viele Fotos.
Weiß: Lutz, C (2645)
Schwarz: Kasparov, G (2838)
Olympiade Bled 2002
Anmerkung: GM I. Balinov
1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Le2 e6 Kasparov ist ein
guter Kenner der Scheveningen-Variante. In den 80-er Jahren verfasste er
darüber mit seinem damaligen Trainer Nikitin sogar ein Eröffnungsbuch.
7.a4 Sc6 8.Le3 Le7 9.0–0 0–0 10.f4 Dc7 11.Kh1 Te8 Die Grundstellung
dieser Variante.
12.Ld3 Öfter wird hier 12.Lf3 gespielt. Dazu eine relativ
aktuelle und wichtige Partie: 12...Lf8 13.g4 Sxd4 14.Lxd4 e5 15.Lg1 exf4 16.g5
Sd7 17.Sd5 Dd8 18.Lg2 Te5 19.Dd2 Txg5 20.Dxf4 f6 21.Ta3 mit Kompensation,
Grischuk-Khalifman Wijk aan Zee 2002.
12...Sb4 13.a5 Ld7 14.Sf3 14.De1 Sxd3 15.cxd3 Lc6 16.Dg3 Sd7 17.f5 Lf6
18.Sde2 Le5 19.Dh3 exf5 20.Dxf5 Lf6 21.d4 und Weiß hat Raumvorteil,
Smirin-Topalov Sarajevo 2001.
14...Tac8 15.De1 Die Partie Polgar-Anand, Leon 2000, endete schnell remis
nach 15.Lb6 Db8 16.e5 dxe5 17.fxe5 Sfd5 18.Sxd5 exd5 19.Te1 h6 20.c3 Sxd3
21.Dxd3 Lc5 22.Dxd5 Le6 23.Dd2 Lxb6 24.axb6 Tc6 25.Df2.
15...Lc6 16.Ld4 Zwei Partien von einem anderen Experte, GM Smirin: 16.Dg3
Sd7 17.Sg5 Lxg5 18.Dxg5 h6 19.Dg3 Sxd3 20.cxd3 f5 21.Dg6 Sf6 22.Ld4 Df7 23.Dg3
Kh7 24.Dh3 Dh5 Remis, Smirin-Cvitan Tilburg 1993.; 16.Lb6 Db8 17.Ld4 Sd7 18.Dg3
Lf8 19.Tae1 e5 20.Le3 exf4 21.Lxf4 Sf6 22.Sd4 Sh5 23.Df3 Sxd3 24.cxd3 Sxf4
25.Dxf4 Te7 26.Sf5 Remis, Smirin-H.Olafsson New York open 1997.
16...Sd7 17.Dg3 Lf6 Ein neuer Zug. Bis jetzt wurde hier 17...Lf8
gespielt: 18.Sd1 Sxd3 19.cxd3 e5 20.fxe5 dxe5 21.Lc3 Dd6 22.Sh4 Remis,
Svidler-Anand Linares 1999.
18.Lxf6 Sxf6 19.Sd4 Ted8 Starker Zug: die d-Linie könnte sehr bald
geöffnet werden und dann steht der Turm richtig. Zusätzlich ist das Feld e8
für den Läufer frei.
20.Dh4 Droht e4-e5.
20...Sxd3 21.cxd3 De7 22.h3 Le8 Wie schon erwähnt - Kasparov will den
Läufer behalten.
23.Tfc1 Sd5 24.Dxe7 Sxe7 25.Kg1 e5 26.Sde2 f5 Kasparov sprengt das
Zentrum auf und danach operieren seine Figuren besser.
27.exf5 Sxf5 28.Sd5 Tc5 29.Sb6 Lb5 30.fxe5 Damit beginnen bereits die
Probleme. Nach 30.Txc5 dxc5 31.fxe5 Txd3 32.Tc1 steht Schwarz immer noch
aktiver, aber Weiß behält sehr gute Remischancen.
30...Txe5 31.Sf4 Sd4 31...g5 gewinnt schon einen Bauer: 32.Sfd5 Lxd3
33.Tc7 Tf8 34.Sc3 Tf7 35.Tc8+ Kg7 36.Td8, aber Gary setzt auf Initiative.
32.Tc8 Txc8 33.Sxc8 Lc6 34.Tf1 Nach 34.Sxd6 Se2+ 35.Sxe2 Txe2 36.g4 Txb2
dominieren eindeutig die schwarze Figuren.
34...Te8
Unglaublich feiner Zug! Schwarz lässt die Initiative nicht aus der Hand!
35.Sa7 35.Sxd6 kostet nach dem stillen 35...Tf8 eine Figur, da es
gegen g7-g5 keine Verteidigung gibt.
35...Ld7 Der Springer auf a7 hatte schon bessere Zeiten gesehen!
36.Sd5 h5 Luftloch oder Raumgewinn am Königsflügel? Dass daraus ein
Mattangriff wird, konnte nur Kasparov ahnen!
37.Sb6? Exponiert den Springer.
37...Lf5 38.Kh2 g5 Für den weißen König wird es bereits recht
ungemütlich!
39.Tc1 Notwendig wäre ein schleuniger Springer-Rückzug. 39...g4
40.hxg4 hxg4 41.Sac8 41.Tf1 konnte auch nichts mehr retten: 41...Te3 42.Sd5
g3+ 43.Kh1 Txd3.
41...g3+ 42.Kh1 42.Kxg3 Se2+ verliert den Turm.
42...Te6 Es droht tödlich 43....Se2 und Th6 matt oder zuerst 43...Th6
und 44....Se2 Schach-Turm. 0–1
GM Ilia Balinov / Heinz Herzog