Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 262 vom 13.06.1997, Kategorie Kolumne
Die Handschrift der beiden Sieger (13. Juni 1997)
Super-GM-Turnier "VI Torneo Magistral 1997" in Madrid
Wie wir Ihnen an dieser Stelle zuletzt berichteten, ging der Sieg bei der 6. Auflage
dieses Super-GM-Turniers an die beiden GM Weselin Topalow (BUL) und Alexei Schirow (ESP),
die in diesem illustren Feld je 6½ Punkte aus 9 Partien scorten.
Aus einer Reihe erstklassiger Partien, die Sie im Internet unter der Adresse http://chess.net64.es/madrid97/
finden, haben wir für Sie je eine Gewinnpartie der beiden Sieger ausgewählt.
Weiß: GM J. Piket
Schwarz: GM W. Topalow
Anm. I. Balinov
1. d4 Sf6 2. c4 c5 3. d5 b5. Das Wolgagambit stellt in den Händen Topalows eine
gefährliche Waffe dar.
4. cxb5 a6 5. e3. Weniger anspruchsvoll, jedoch sicher ist 5. Sf3 g6 6. b6 d6 7.
Sc3 Sbd7 8. a4 Dxb6 9. a5 Da7 10. e4, Illescas-Topalow, Burgos 1996.
5. ... g6 6. Sc3 Lg7 7. a4 0-0. Nimmt den Damenturm auf Kosten eines Tempis aus der
Diagonale a1-h8 und stellt ihn auf ein gedecktes Feld.
8. Ta3 Lb7 9. Sf3 e6 10. dxe6 fxe6 11. Le2 d5 12. bxa6 Sxa6 13. 0-0 Sb4 14. Ld2 De7
15. Sb5 Sc6. Die kritische Stellung.
16. Db1?. Klar vorzuziehen war 16. Dc2!? e5 17. h3 e4 18. Sh2 Kh8 19. Tc1 mit
zweischneidigem Spiel. Nach dem Textzug wird das schwarze Bauernzentrum rasch zur Lawine.
16. ... e5 17. h3 Kh8!. Vorbeugung gegen etwaige Schachgebote auf der Diagonale
a2-g8.
18. Tc1 e4 19. Sh2 d4 20. exd4 cxd4 21. Da2. 21. Sg4 gefiel dem Anziehenden
nicht wegen 21. ... Sd5 nebst Sf4. Der mit dem Textzug verbundene Versuch, die Dame auf
den weißen Feldern zu aktivieren, zielt jedoch ebenfalls ins Leere.
21. ... Tad8. Überdeckt den d-Bauern ein weiteres Mal, verbunden mit der
Absicht, 22. Sg4 mit Sd5 zu beantworten.
22. a5. Schickt den a-Bauern, in der Hoffnung auf irgend welche
Schwindelchancen, auf die Reise.
22. ... d3 23. Lg4 Sd5. Räumt die f-Linie für eine mögliche Attacke auf den
geschwächten Punkt "f2".
24. a6?!. Hier geht der kecke Bauer ersatzlos verloren, doch war guter Rat
bereits teuer, z.B. 24. Ta4 Df6 25. Tf1 La6, und die weiße Stellung steht vor dem
Kollaps.
24. ... Scb4! 25. Db3. Auf 25. Da1 folgt La8!?, mit der Doppeldrohung 26. ...
Sc2 bzw. 26. ... Df6.
25. ... Sxa6 26. Sc7?. Resignation!
26. ... Saxc7 27. Dxb7 Tb8 und Weiß streckte die Waffen. Nach 28. Dc6 Txb2 ist
gegen die Doppeldrohung Lxa3 bzw. Txd2 kein Kraut gewachsen.
Weiß: GM A. Schirow
Schwarz: GM W. Salow
Anm. I. Balinov
1. e4 d5. "Skandinavisch" wird auf Top-GM-Ebene nur noch
äußerst selten gespielt.
2. exd5 Dxd5. Eine brauchbare Alternative zum Text stellt 2. ... Sf6 dar.
3. Sc3 Da5 4. d4 Sf6 5. Sf3 c6. Früher pflegte man hier mit 5. ... Lg4 oder 5.
... Lf5 fortzufahren.
6. Lc4 Lf5 7. Ld2 e6 8. Sd5!. Weniger nachhaltig ist 8. Se4 Dc7 9. Sg3 Lg6 10.
h4 Sh5 11. Se5 Sxg3 12. fxg3 Sd7 13. Lf4 Sxe5 14. Lxe5 Ld6 15. De2 h5 16. 0-0-0
Glek-Wahls, Deutschland 1996, und nun hätte der Nachziehende mit 16. ... Lxe5 17. dxe5
Td8 18. Txd8+ Kxd8 19. Td1+ Kc8 gleiches Spiel erlangen können. In der Partie geschah
gedoch schwächer 16. ... Lf5 mit etwas besserem Spiel für Weiß.
8. ... Dd8 9. Sxf6+ Dxf6. Von GM Almasi im Kommentar zu seiner Partie gegen
Kindermann, Staatsliga A 1994/95, im Schachinformator, Band 63 als Verbesserung gegenüber
9. ... gxf6?! 10. c3 Dc7 11. Sh4! Lg6 12. Df3! Sd7 13. Dh3!, und Weiß hat deutlichen
Vorteil, vorgeschlagen.
10. De2! Lg4. Auf 10. ... Lxc2 folgt, ähnlich wie in der Partie Nunn-Conquest,
Hastings 1996/97 (dort hatte Schwarz, wie in der Stammpartie Almasi-Kindermann, mit dem
g-Bauern zurückgenommen) 11. Tc1 Lg6 12. d5 cxd5 13. Lb5+ (13. Lxd5? Sc6) 13. ... Sc6 14.
Se5, mit Vorteil für Weiß. Salow hatte offenbar seine Hausaufgabe nicht ausreichend
gemacht.
11. d5!. Ganz im Geiste Nunns!
11. ... Lxf3 12. gxf3 cxd5 13. Lxd5 Sd7. Mit 13. ... Sc6 14. Lc3 Dg6/Dh6 15.
Lxc6+ bxc6 16. Da6 käme Schwarz vom Regen in die Traufe.
14. 0-0-0 La3 15. c3 0-0 16. Le4 Le7 17. Lxh7+! Kxh7 18. Dd3+ Kg8 19. Dxd7?! b6.
Zumindest hartnäckiger war 19. ... Lc5 20. Dxb7 Lxf2.
20. Thg1 Tad8. Vorteilhaft für Weiß ist auch 20. ... Tfd8 21. Db7 Tab8 (21.
... Lc5 verbietet sich wegen 22. Lg5 Txd1+ 23. Kxd1! Td8+ 24. Ke2 Dg6 25. De4 und Weiß
gewinnt) 22. De4.
21. Dxa7 Lc5 22. Le3 Ta8. Auch nach 22. ... Lxe3+ 23. fxe3 Dxf3 24. Dxb6 besitzt
der Nachziehende keinerlei Kompensation für den Materialrückstand. 23. Db7 Txa2 24.
De4 Lxe3+ 25. fxe3 b5!?. Ein verzweifelter Versuch, Gegenspiel durch Linienöffnung
gegen den feindlichen König zu erlangen.
26. Kc2!. Mit der Idee, Turmtausch und damit eine Vergrößerung des weißen
Vorteils zu erzwingen.
26. ... b4. 26. ... Ta4 pariert Weiß simpel mit 27. Td4.
27. Dxb4!. Nicht mutig, sondern genau berechnet. Auf 27. Dxb4 Dxf3!?
beabsichtigte der Anziehende mit 28. Kb3 (Letal wäre hingegen 28. Txg7+ Kxg7 29. Tg1+ Kf6
30. Dh4+ Ke5 31. Dd4+ Kf5 32. Dd3+ Ke5 33. Tg5+ Kf6) 28. ... Tfa8 29. Txg7+ Kxg7
(Ebensowenig hilft 29. ... Kh8 30. Tgg1! Df2 z.B. 31. Dd4+ f6 32. Td2 Dxg1 33. Dxf6+ Kg8
34. Td8+) 30. Tg1+ Kf6 31. Dh4+ Ke5 32. Dd4+ Kf5 33. e4+ Kf4 (Nicht besser ist 33. ...
Dxe4 34. Te1) 34. Df6+ Ke3 35. Te1+ siegreich fortzufahren.
27. ... Df5+ 28. Kb3 Taa8 29. Txg7+, und Schwarz streckte wegen 29. ... Kxg7 30.
Tg1+ Kh6 31. Dh4+ Dh5 32. Df6+ Dg6 33. Txg6+ die Waffen.
50. Russische Meisterschaft in Elista
Der 20jährige GM Peter Svidler entschied die im kalmükischen Elista
ausgetragene 50. Auflage der im KO-System ausgetragenen Russischen Meisterschaft, die
gewissermaßen als Probelauf für die nächste Weltmeisterschaft herhalten mußte, erst im
Tiebreak zu seinen Gunsten.
Rang |
Titel |
Name |
ELO |
1. |
GM |
P. Svidler |
2640 |
2. |
GM |
J. Barejew |
2665 |
3. |
GM |
A. Drejew |
2650 |
4. |
IM |
A. Lastin |
2535 |
5.-8. |
GM |
V. Zvjaginsew |
2610 |
|
GM |
A. Morosewitsch |
2595 |
|
GM |
S. Dwoiris |
2590 |
|
GM |
J. Jakowitsch |
2575 |
9.-16. |
GM |
A. Khalifman |
2650 |
|
GM |
S. Rublewski |
2645 |
|
GM |
S. Tiwjakow |
2600 |
|
GM |
R. Scherbakow |
2580 |
|
GM |
S. Dolmatow |
2560 |
|
GM |
A. Fominyh |
2545 |
|
GM |
M. Makarow |
2545 |
|
GM |
W. Filippow |
2510 |
52 Teilnehmer
IV. Lord Novgorod-Super-GM-Turnier
Seit 1994 beherbergt Novogorod, eine historische Stadt, zwischen Moskau und St.
Petersburg gelegen, alljährlich das bestbesetzte russiche Turnier. Favorit ist einmal
mehr PCA-Weltmeister Garri Kasparow, für den es die Scharte seiner Niederlage gegen
"Deep-Blue" (der inzwischen vom FIDE-Präsidenten einen Freiplatz für die
nächste Schachweltmeisterschaft angeboten erhielt) auszumerzen gilt. Folgende GM geben
sich seit gestern bis 24. Juni beim Super-GM-Turnier, das den fantastischen Elo-Schnitt
von 2719,2 aufweist, ein Stelldichein:
# |
Titel |
Name |
NAT |
ELO |
1. |
GM |
G. Kasparow |
RUS |
2795 |
5. |
GM |
W. Kramnik |
RUS |
2740 |
6. |
GM |
W. Topalow |
BUL |
2725 |
8. |
GM |
B. Gelfand |
BLR |
2700 |
9. |
GM |
N. Short |
ENG |
2690 |
12. |
GM |
J. Barejw |
RUS |
2665 |
Die Internetadresse dieses Turniers lautet: http://chess.novgorod.ru