Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 2270 vom 28.06.2002, Kategorie Kolumne
Donau Open: Partienachlese
Vor drei Wochen berichteten wir, dass Niki Stanec seinen Vorjahreserfolg
wiederholen und auch das heurige Donau-Open mit 7 aus 9 für sich entscheiden
konnte. Hier eine interessante Partie des Siegers:
Weiß: IM Niki Stanec (2508)
Schwarz: IM Josef Jurek (2358)
Donau Open A 2002 Wien
Anmerkung: GM I. Balinov
1.e4 Ab und zu überrascht Niki mit 1.e4. Seine üblichen
Eröffnungszüge sind 1.c4 und 1.d4 .
1...e6 2.d4 d5 3.Sd2 Le7 Dieser Zug fand auch eine Fan-Gemeinde:
Morozevich, Kortschnoi, Lputian sind ihre berühmtesten Mitglieder. Die
Varianten 3...Sf6 und 3...c5 sind aber populärer.
4.Sgf3 Zwei aktuelle Partien aus der Großmeisterpraxis: 4.e5 c5 5.Dg4
Kf8 6.dxc5 Sc6 7.Sdf3 f6 8.Lf4 Lxc5 9.Ld3 f5 10.Dg3 Sge7 11.Se2 Sg6 12.h4 Sxf4
13.Sxf4 Ld7 14.h5 De7 15.c3 Tc8 16.0–0 Weiß steht besser, Akopian-Radjabov,
Moskau- GP 2002.; 4.Ld3 c5 5.dxc5 Sf6 6.De2 Sc6 7.Sgf3 Sb4 8.0–0 Sxd3 9.cxd3
Lxc5 10.Sb3 Le7 11.e5 Sd7 12.Sfd4 0–0 13.Lf4 Sc5 14.Dg4 Kh8 15.Sxc5 Lxc5
16.Sf3 Le7 17.Tfe1 Ld7 mit Ausgleich, Svidler-Radjabov, Moskau-GP 2002.
4...Sf6 5.Ld3 c5 6.exd5 6.dxc5 verspricht wenig für Weiß: 6...dxe4
7.Sxe4 (7.Lxe4 Sa6! 8.Ld3 Sxc5 9.Lb5+ Ld7 10.Lxd7+ Dxd7 11.0–0 0–0
Ausgleich, Ki. Georgiev-Lputian, Sarajevo 1998.) 7...Sxe4 8.Lxe4 Dxd1+
9.Kxd1 Lxc5 10.Ke2 Sd7 11.Td1 Ke7 12.c4 Sf6 13.Lc2 b6 14.b3 Lb7 15.Lb2 Thd8
16.Se5 h5 17.f3 Remis, Akopian-Kortschnoi, Goodricke 2000.
6...Dxd5 Der Textzug übt zum Unterschied zu 6...Sxd5 sofort Druck auf
d4.aus.
7.dxc5 Dxc5 Logischer ist 7...Sbd7, um auf c5 mit dem Springer
zurückzunehmen. Ein paar Beispiele: 8.De2 (8.b4 a5 9.Lc4 Dh5 10.c3 Sd5
11.Lxd5 Dxd5 12.Db3 Lf6 mit Kompensation, Kholmov-Morozevich, RUS-Cup 1998.) 8...0–0
(In der Partie : 8...Sxc5 9.Lc4 Dd6 10.Sb3 0–0 11.0–0 b6 12.Td1 Dc7
13.De5 Dxe5 14.Sxe5 Lb7 erreichte Weiß nichts. Van der Wiel-Glek, Wijk ann Zee
1999.) 9.b4 a5 10.Lc4 Df5 11.c3 Sd5 12.Sd4 De5 13.Dxe5 Sxe5 14.Lxd5 exd5
15.0–0 axb4 16.cxb4 Sd3 17.Tb1 Txa2 18.S2f3 Lf6 und Schwarz hat keine
Probleme, Sprenger-Isonzo, Italien-Deutschland 2002.
8.0–0 Sc6 Fragwürdiger Zug. Versperrt der Dame den Rückweg nach c7.
8...Sbd7 wäre immer noch besser: 9.De2 0–0 10.Se4 Dc7 11.Lg5 b6 12.Lh4 Lb7
13.Tad1 Sc5 14.Lg3 Dc6 15.Se5 Dc8 16.Sxf6+ Lxf6 17.Lc4 a6 18.a3 b5 19.La2 Se4
20.Sd7 Dc6 21.Sxf6+ Sxf6 22.f3 Tfd8. Das Läuferpaar garantiert einen kleinen
Vorteil für Weiß, Yegaiazarian-Lputian, Arm. Ch. Yerevan 1999.
9.a3 Bereitet b2-b4 mit Raumgewinn am Damenflügel vor.
9...0–0 10.b4 Dh5 11.Lb2 Td8 12.Te1 a6 13.Sf1 Konsequentes Spiel gegen
die schwarze Dame.
13...b5 14.Sg3 Dd5 15.De2 Dd6 16.Tad1 Beachtung verdient 16.Se4. Nach
16...Df4 (16...Sxe4 ist schlecht wegen 17.Lxe4 Lb7 und 18.Se5) 17.Sxf6+
Lxf6 18.Lxf6 gxf6 19.Tac1 Lb7 20.c4 Sd4 21.Sxd4 Txd4 22.cxb5 axb5 23.Tc3 Dg5
24.f3 hat Schwarz Schwierigkeiten mit dem Bauern b5.
16...Dc7 Der sechste Zug mit der Dame: kein gutes Zeichen!
17.h4 Niki geht zum Angriff über. Die Alternativen waren 17.Sg5, 17.Se4
oder 17.c4
17...Sd5 Die normale Entwicklung mit 17...Lb7 scheitert an 18.Sg5 h6 und
nun 19.Sxf7 Kxf7 20.Dxe6+ Kf8 21.Lg6 Ld6 22.Lxf6 gxf6 23.Dxf6+ Kg8 24.Sf5 Lf8
25.Txd8 Txd8 26.Se7+ mit Matt.
18.Sg5 Lxg5 18...h6 wäre ein Spiel mit dem Feuer, obwohl ein klarer
Gewinn nicht leicht zu finden ist. Nach 19.Lh7+ Kf8 (19...Kh8 20.Le4 Kg8
21.Dh5 Lf6 22.Lxd5) 20.Sxf7 Kxf7 21.Dh5+ Kf8 22.Txd5 exd5 (22...Txd5
23.Lxg7+ Kxg7 24.Dg6+ Kf8 25.Dg8#) 23.Df3+ Lf6 24.Lxf6 Df7 25.Lxd8 Dxf3
26.gxf3 (26.Lg6 ist auch interessant.) 26...Sxd8 27.Lg6 mit klar besserem
Endspiel.
19.hxg5 Sf4
20.Lxh7+! Der Turniersieger nutzt die Disharmonie im schwarzen Lager.
20...Kxh7 Das Ablehnen funktioniert nicht: 20...Kh8 21.Txd8+ Sxd8 22.Df3
Lb7 23.Le4
21.De4+ Sg6 22.Txd8 Dxd8 23.Dxc6 Ta7 23...Ld7 24.Df3 Kg8 25.Sh5 e5
26.Lxe5 Sxe5 27.Txe5 mit zwei Bauern mehr.
24.Df3 Ein direkter Weg war 24.Dc3 e5 25.Txe5 Sxe5 26.Dxe5 Df8 27.Sh5 Te7
28.Dc3 und Weiß muss gewinnen.
24...Dxg5 Auf 24...Te7 folgt zum Beispiel: 25.Dh5+ Kg8 26.Lxg7 Kxg7
27.Dh6+ Kg8 28.Sh5 Df8 29.Sf6 Matt
25.Dc3 Df6 Kostet die Qualität. Der Angriff nach 25...Se7 26.Se4 Dg6
27.Te3 ist nicht abzuwehren.
26.Dc5 26.Dxf6 gxf6 27.Sh5 f5 28.Sf6+ Kh6 ist nicht so klar.
26...Dxb2 27.Dxa7 Dxa3 28.Dxf7 Dxb4 29.Te3 e5 Falls Schwarz mit 29...Df4
die Rettung im Endspiel sucht, hat, Weiß eine schöne Kombination: 30.Sf5! exf5
31.Th3+ Sh4 32.g3 Dc1+ 33.Kh2.
30.Sf5 Lxf5 31.Dxf5 Dd6 32.Th3+ Kg8 33.Td3 1–0
GM Ilia Balinov / Heinz Herzog