Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 2256 vom 14.06.2002, Kategorie Kolumne
Kasparov-Durchmarsch in Moskau
Als Resultat des Vertrags zwischen der FIDE und Kasparov, der in Prag
unterschrieben wurde (wir berichteten vor einigen Wochen darüber), könnte die
Teilnahme Kasparovs beim Grand Prix in Moskau vom 1. bis 6. Juni gewertet
werden. Bekannt ist, dass Kasparov seit Jahren nicht mehr bei FIDE-Turnieren
gespielt hat. Aber jetzt scheint der "Kalte Krieg" vorbei.
Zum Turnier: 32 Top-Spieler (nicht dabei Anand, Adams, Leko, Topalov, Shirov,
Gelfand) spielten im K.O.-System. Pech für den FIDE-Weltmeister Ponomariov, der
bereits in der zweiten Runde gegen Beliavsky (dieser schaffte es bis zum
Semifinale) ausgeschieden ist. Verdienter Sieger wurde Kasparov mit einem
lockeren Durchmarsch. Im Finale bezwang er den jungen Radjabov mit 1½-½.
Dieser bot zwar eine starke Leistung, aber die Erschöpfung vom Semifinale gegen
Beliavsky (3-2 nach Tie-Break) zeigte Wirkung.
Endstand:
Interessante Tatsache am Rande: Nur Polgar und Lautier sind nicht in der
ehemaligen Sowjetunion geboren worden.
Weiß: GM Radjabov (2610)
Schwarz: GM Akopian (2678)
FIDE GP Moskau [D48]
Anmerkung: GM I. Balinov
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 c6 5.e3 Sbd7 Die weit verbreitete
Merano-Variante.
6.Ld3. Die Alternative 6.Dc2 führt zu ruhigeren Stellungen.
6...dxc4 7.Lxc4 b5 8.Ld3 Lb7 Objekt für theoretische
Auseinandersetzungen in den Neunzigern war die Stellung: 8...b4 9.Sa4 Lb7 10.e4
c5 11.e5 Sd5 12.0–0 cxd4
9.0–0 a6 10.e4 c5 11.d5 c4 11...exd5 ist schlecht für Schwarz, wie die
Theorie zeigt: 12.exd5 Le7 13.Lxb5 axb5 14.d6 Se5 15.Sxe5 Dxd6 16.Dxd6 Lxd6
17.Te1 0–0 18.Sxb5 mit einem Bauern mehr, Farago-Sveshnikov, Sochi 1980.
12.Lc2 Dc7 13.dxe6 fxe6 14.Sd4 Relativ neuer Zug. Früher wurde
hauptsächlich 14.Sg5 gespielt. Hier eine Partie von Akopian, der Experte in der
Merano-Variante ist: 14...Sc5 15.e5 Dxe5 16.Te1 Dd6 17.Dxd6 Lxd6 18.Le3 0–0
19.Tad1 Le7 20.Lxc5 Lxc5 21.Sxe6 Tfc8 22.h3 Tab8 23.a3 Lb6 24.Td6 La5 25.Te3 b4
26.axb4 Lxb4 27.Td4 mit Ausgleich, Azmaiparashvili-Akopian, Yerevan ol.1996.
14...Sc5 15.Le3 0–0–0 15...Td8 16.De2 e5 17.Sf5 g6 18.Lg5 Df7 19.Sd5
Lxd5 20.exd5 gxf5 21.Dxe5+ Le7 22.d6 Txd6 23.Dxc5 mit großem Vorteil für
Weiß, Radjabov-Anand, GP Dubai 2002.
16.De2 e5 17.Sf3 Sd3 Schwarz hat hier einige Möglichkeiten: 17...Se6 ;
17...Ld6; 17...Scxe4.
18.Tfd1 Lb4 19.Sg5 19...Lxc3 19...Sxb2 ist gefährlich wegen 20.Txd8+
Dxd8 21.Sd5 Sxd5 22.exd5 Kb8 23.Le4 Sd3 24.Sf7 mit Gewinn.
20.bxc3 The8 21.f3 h6 22.Sh3 g5 23.Lxd3 23.Sf2 Sf4 24.De1 Da5 25.a4? (notwendig
war 25.Ld2) 25...Dxc3 Remis, Lautier-Morovic Fernndez , Tallin 1998.
23...cxd3 24.Txd3 Txd3 25.Dxd3 g4 26.Sf2 gxf3 27.gxf3 Die Stellung ist
trügerisch. Es sieht so aus, dass Schwarz volle Kompensation für den Bauern
hat. Entscheidend ist aber die Königslage: Weiß hat mit a4 und c4 schnelle
Hebel. Dagegen hat Schwarz am Königsflügel Probleme, die Stellung aufzumachen.
27...Tg8+ 28.Kf1 Hier fühlt sich der König sicherer als auf h1.
28...Td8 29.De2 Df7 30.c4 Weiß beginnt die Offensive am Damenflügel.
30...Lc6 Auf 30...bxc4 folgt 31.Tc1
31.Tc1 Kb7 32.a4
Der junge GM ist konsequent. Der Bauer auf h6 ist natürlich kein Thema, es
geht um den schwarzen König.
32...b4 Akopian versucht die Stellung geschlossen zu halten.
33.Db2 De7 34.a5 Bevor Schwarz selbst a6-a5 spielt.
34...Ka8 35.Tb1 Tb8 36.Lb6 Df7 37.Dxb4 Lxe4 Ein letzter Versuch in
verlorener Stellung, der aber leicht zu neutralisieren ist.
38.fxe4 Sxe4 39.Tb2 Df4 40.De1 Tf8 Hoffnungslos war auch 40...Sxf2
41.Txf2 Dxc4+ 42.Te2 Tf8+ 43.Lf2
41.De3 Dg4 42.Dd3 1–0
GM Ilia Balinov / Heinz Herzog