Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 199 vom 14.03.1997, Kategorie Kolumne
Tschernin - Superstar am Spitzenbrett (14. März 1997)
Staatsliga A - Partiennachlese
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Wie wir Ihnen in unserem Schlußbericht über die Staatsliga A, deren
Schlußrunden vor zwei Wochen in Wien-Oberlaa ausgetragen wurden, berichteten, nahm der
für Staatsmeister Merkur Graz spielende russische Super-GM am Spiztenbrett eine
Sonderstellung ein. Seine Gegner - genau Bescheid wissend über seine Särken - zeigten
häufig zuviel Respekt und blieben nicht zuletzt deswegen chancenlos. In der Folge zwei
passende Beispiele: |
Mißlungenes Eröffnungsexperiment
In der ersten Partie experimeniert der deutsche GM Klaus Bischoff in der Eröffnung und
wird danach gnadenlos an die Wand gespielt...
Weiß: GM A. Tschernin
Schwarz: GM K. Bischoff
Anm. I. Balinov
1. d4 1. ..Sf6 2. c4 c5 3. d5 Se4 4. Dc2 Da5+ 5. Sd2 Sd6 6. b3 f5 7. Lb2 e6 8. Lc3
Dd8 9. e4 fxe4. Unerfreulich ist auch 9. ... exd5 10. cxd5 fxe4 11. Sxe4. 10. Sxe4
exd5 11. cxd5 Sxe4. Nach 11. ... De7 12. Ld3 besitzt Weiß Raumvorteil.
12. Dxe4+ De7 13. Dxe7+.
13. ... Lxe7?!.
Auch nach dem etwas besseren 13. ... Kxe7 14. 0-0-0 d6 15. Sf3 ist am weißen Vorteil
nicht zu zweifeln.
14. Lxg7 Tg8 15. Lc3 d6 16. g3 Lf5 17. 0-0-0 Sd7 18. Ld3 Tg5. Besser war 18. ...
Lxd3 19. Txd3 c4 20. bxc4 Tc8 21. Td4 Sb6.
19. h4 Th5 20. Le2 Th6 21. g4 Le4 22. f3 Lg6 23. h5 Lg5+. Nicht 23. ... Lf7?
wegen 24. f4.
24. Kb2 Lf7 25. Sh3 Lf6 26. Lxf6 Txf6 27. Sg5 Ke7. Oder 27. ..h6 28. Se4 Tf4 29.
Sxd6+.
28. Sxh7 Tf4 29. Sg5 Tg8 30. Sh3 Tf6 31. f4 und Schwarz strich die Segel.
Von Neuerung überrascht
Gegen Brestian wartet der starke Russe schon frühzeitig mit einer Neuerung auf und
bringt damit den Wiener völlig aus dem Konzept.
Weiß: IM E. Brestian
Schwarz: GM A. Tschernin
Französisch [C15]
Anm. I. Balinov
1. e4 e6 2. d4 d5 3. Sc3 Lb4 4. Sge2 Sc6!?. Vermutlich eine Neuerung.
5. a3 La5 6. Le3 Sf6 7. e5 Sg4 8. b4. Vorzuziehen war 8. Lc1!?, nicht aber 8.
Lf4 f6 9. h3 fxe5 und Schwarz verfügt über eine kräftige Initiative.
8. ... Lb6 9. Sa4 Dh4 10. Sg3. Dieser häßliche Zug ist notwendig, da 10. g3
wegen 10. ... Sxe3 11. fxe3 De4 und Schwarz hat klaren Vorteil, nicht
funktioniert.
10. ... 0-0 11. Le2 Sxe3 12. fxe3 f6 13. Sxb6 axb6 14. 0-0 Dg5 15. exf6. Ebenso
unbefriedigend war 15. Dd3 fxe5 16. Txf8+ Kxf8.
15. ... Dxe3+.
16. Kh1 g6 17. Ld3 Dxd4 18. f7+ Kh8 19. Dc1 Dg7 20. Dg5 Ld7 21. Tf6 Txf7 22. Txf7
Dxf7 23. Tf1 Dg7 24. h4 Se7 25. h5 Sf5 26. Lxf5 gxf5 27. Dh4 h6 28. Tf3 Tg8 und Weiß
warf das Handtuch.
Wird Etienne Bacrot (Frankreich) jüngster GM?
Der französische IM E. Bacrot (14Jahre und 1 Monat) hat kommende Woche die Chance, der
Welt jüngster Großmeister zu werden. Er nimmt in Enghien (Frankreich) an einem
GM-Turnier teil und sollte er dort 6 Punkte aus 9 Partien erzielen, wäre er der jüngste
Spieler in der Schachgeschichte, der jemals den GM-Titel geschafft hat. Bislang war dies
der Ungar Peter Leko, der dieses Kunststück mit 14 Jahren und 6 Monaten geschafft hatte.
Vereinigungs-WM Kasparow gg Karpow in Frankreich?
Französischen Medienberichten zufolge soll der Vereinigungs-WM-Kampf zwischen
PCA-Weltmeister Garri Kasparow und FIDE-Weltmeister Anatoli Karpow im Oktober in
Frankreich über die Bühne gehen. Das Match soll von der Stadt Compiègne, etwa 50 km
nördlich von Paris liegend, das einst Napoleon Bonaparte als Regierungssitz diente, und
von lokalen Sponsoren finanziert und organisiert werden. Gespielt werden soll in der
ehemaligen Residenz Napoleons. Als Preisgeld werden 15 Mio FF (etwa ATS 35 Mio )
kolportiert. Wegen der bevorstehenden Änderung des WM-Reglements soll dies definitiv das
letzte MW-Match dieses Jahrhunderts werden.
Die erste Partie soll am 21. Oktober gespielt werden. Der Wettkampf ist auf 18 Partien
angesetzt.
Die FIDE will jeden Wettkampf anerkennen, der unter ihrer Oberhoheit abewickelt wird
...
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