Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 175 vom 31.01.1997, Kategorie Kolumne
Hochspannung im Finish (31. Jänner 1997)
Staatsliga A: SCM Winterthur verkürzt Rückstand
Bei der letztes Wochenende in Traun ausgetragenen Doppelrunde gelang es Vizemeister SCM
Winterthur den Rückstand auf Titelverteidiger und Ta-bellenführer Merkur Graz deutlich
zu verkürzen. Die Wiener haben nun eine reelle Chance, den begehrten Titel bei der vom
28. 2. bis 2. 3. im Artis-Tower in Wien-Oberlaa zur Austragung gelangen-den Trippelrunde
doch noch an sich zu reissen.
Die Mannschaftsergebnisse der am 25. und 26. Jänner in Traun gespielten 7. und 8.
Runde (Die Spieler Einzelergebnisse finden sie hier)
7. Runde: 25. 01. 97
HOHENEMS |
- |
INTER SALZBURG |
4 |
2 |
FÜRSTENFELD |
- |
HIETZING/FISCHER |
3 |
3 |
OTTAKRING |
- |
KLAGENFURT |
3 |
3 |
AUSTRIA GRAZ |
- |
MERKUR GRAZ |
2½ |
3½ |
WR. NEUSTADT |
- |
FRIEDBERG-PINGGAU |
4½ |
1½ |
SCM WINTERTHUR |
- |
TRAUN 67 |
4 |
2 |
8. Runde: 26. 01. 97
INTER SALZBURG |
- |
TRAUN 67 |
2½ |
3½ |
FRIEDBERG-PINGGAU |
- |
SCM WINTERTHUR |
1½ |
4½ |
MERKUR GRAZ |
- |
WR. NEUSTADT |
3½ |
2½ |
KLAGENFURT |
- |
AUSTRIA GRAZ |
3½ |
2½ |
HIETZING/FISCHER |
- |
OTTAKRING |
2½ |
3½ |
HOHENEMS |
- |
FÜRSTENFELD |
1½ |
4½ |
Stand nach der 8. Runde
1. |
MERKUR GRAZ |
8 |
7 |
1 |
0 |
31½ |
(15) |
2. |
SCM WINTERTHUR |
8 |
6 |
1 |
1 |
30½ |
(13) |
3. |
KLAGENFURT |
8 |
5 |
1 |
2 |
29 |
(11) |
4. |
HIETZING/FISCHER |
8 |
4 |
1 |
3 |
27 |
(9) |
5. |
OTTAKRING |
8 |
5 |
1 |
2 |
25½ |
(11) |
6. |
WR. NEUSTADT |
8 |
4 |
1 |
3 |
25½ |
(9) |
7. |
TRAUN 67 |
8 |
4 |
0 |
4 |
24 |
(8) |
8. |
FÜRSTENFELD |
8 |
2 |
2 |
4 |
24 |
(6) |
9. |
HOHENEMS |
8 |
3 |
0 |
5 |
21 |
(6) |
10. |
INTER SALZBURG |
8 |
3 |
0 |
5 |
19 |
(6) |
11. |
AUSTRIA GRAZ |
8 |
1 |
0 |
7 |
19 |
(2) |
12. |
FRIEDBERG-PINGGAU |
8 |
0 |
0 |
8 |
12 |
(0) |
Komödie der Irrungen
Shakespeare hätte beim Anblick der nachstehenden Partie wohl die Inspi-ration zu
seiner Komödie der Irrungen erlangen können . ...
Weiß: GM Z. Almasi
Schwarz: GMP. Blatny
Caro Kann [B15]
Anm. GM P. Blatny
1.e4 c6 2.d4 g6 3.Sc3 d5 4.h3. Dieser Zug verhindert Lg4, was z.B. nach
sofortigem 4.Sf3 sehr unangenehm für Weiß wäre.
4. ... Lg7 5.Sf3 Sf6 6.e5. Ruhiger ist 6.Ld3 mit der möglichen Folge 6. ...
dxe4 7.Sxe4 Sxe4 8.Lxe4 Sd7 9.0-0 0-0 10.Te1 e5 mit Remis, Groszpeter-P. Blatny, Carl
Schlechter-Gedenkturnier, Wien 1996.
6. ... Se4 7.Ld2. Diese Neuerung aus Not ist eher verdächtig. Mein Gegner
benötigte für den Textzug fast 40 Minuten, was darauf hinweist, daß er mit den
Hauptfortsetzungen 7. Ld3 und 7. Lxe4 nicht gut vertraut war. Laut Theorie sind beide
Varianten unklar.
7. ... c5. Mit diesem starken Bauernvorstoß greift Schwarz das weiße
Bauernzentrum an und übernimmt damit schon frühzeitig die Initiative. 8.dxc5. 8.Ld3
verbietet sich wegen 8. ... cxd4 9.Sxd4 (9.Lxe4?? scheitert an 9. ... dxc3) 9. ... Sxc3
10.Lxc3 Lxe5. Ebenso ist 8.Lb5+ Ld7 9.Lxd7+ Dxd7 günstig für Schwarz.
8. ... 0-0. Schwächer wäre 8. ... Sc6 9.Lb5! 0-0 10.Lxc6 bxc6 11.Sd4 und Weiß
erlangt etwas Gegenspiel sowie die Möglichkeit, den Be5 mittels f4 zu decken, oder 11.
... Sxc5? 12.Le3! und Weiß gewinnt durch Doppelangriff auf "d5" und
"c5" einen Bauern.
9.Lb5. Mit der Absicht, a7-a6 zu provozieren, und damit das Feld "b6"
zu schwächen - siehe Variante zu Ld7.
9. ... Ld7. Schwächer ist 9. ... a6, denn nach 10.La4 Sxc5 11.Le3 Sxa4 12.Sxa4
hätte nämlich Schwarz Probleme.
10.Ld3. Nach 10.Lxd7 steht Schwarz vor der angenehmen Wahl, entweder mit 10. ...
Sxd7 11.Sxd5 Sxe5 mit gefährlicher Initiative oder 10. ... Dxd7, gefolgt von Sc6, Tac8,
Tfd8 usw. mit besserer Stellung, fortzufahren.
10. ... Sxc5 11.Le3. Nach 11.Sxd5 Sxd3+ 12.cxd3 Lb5 wäre die weiße Lage
bereits kritisch.
11. ... Sxd3+ 12.Dxd3 Lf5. Nach dem passiveren 12. ... e6 oder 12. ... Lc6
konsolidiert sich Weiß mit 13.0-0-0.
13.Dxd5 Sc6 14.0-0-0. Nach 14.Dxd8 Tfxd8 bekommt Schwarz den geopferten Bauern
mit Zinsen zurück.
14. ... Dc7 15.Dc5. Der einzige Zug.
15. ... Tac8. Deckt indirekt den Be7. Schwach wäre hingegen 15. ... b6?? wegen
16.Sd5 Db7 17.Dxc6!.
16.g4 b6 17.Db5 Le6 18.The1 Sa5 19.Sg5 Lc4 20.Dd7 Dxe5 21.Ld2 Db8 22.Dxe7. Nach
22.Txe7? Sc6 verliert Schwarz die Qualität, da der Turm wegen nachfolgendem Tfd8 und
Weiß verliert die Dame, stillhalten muß.
22. ... Tc6 23.Kb1 Tfc8 24.b3. Der letzte Zug war auch eine
"strategische" Falle, in die der Anziehende, dessen Zeit bereits knapp zu werden
begann, prompt hineintappt.
24. ... h6 25.Sge4. Erzwungen, denn nach 25.bxc4? hxg5 gefolgt von Sxc4 gliche
die weiße Stellung frapant einer Ruine.
25. ... Le6. Jetzt ist die Diagonale h8-a1 geschwächt und auch der Schimmel auf
c3 sieht sich aufs Korn genommen.
26.Dh4 g5. Mit hängender Klappe nimmt Weiß eine exzellente praktische Chance
wahr.
27.Lxg5 hxg5 28.Sxg5 Dc7. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch mehr als eine halbe
Stunde Bedenkzeit und ich begann die Suche nach dem sicheren Gewinnzug. Aber typisch für
solche Stellungen war mit kein Zug gut genug und als Folge wählte ich nicht das Beste.
Zwar verbot sich 28. ... Txc3?? wegen 29.Dh7+ Kf8 30.Sxe6+ fxe6 31.Td7, sowie 28. ...
Lxb3? 29.Dh7+ (29.axb3 Th6 30.Dg3 Dxg3 31.fxg3 Lxc3 wäre hingegen für Weiß
gewinnversprechend) 29. ... Kf8 30.axb3 (Nicht aber 30.cxb3 Txc3 31.Se6+ fxe6 32.Td7 Tc1+!
33.Txc1 Txc1+ 34.Kxc1 Dc8+ und Schwarz gewinnt) 30. ... 30. ... Df4 mit unklarem Spiel.
Ebenfalls unklar war 28. ... Df4 29.Sxe6 fxe6 30.Td8+ Txd8 31.Dxd8+. Objektiv am besten
war 28. ... Td6!. Schwarz versucht den gefährlichen weißen Turm zu tauschen und
entschärft damit den weißen Angriff, worauf die Mehrfigur entscheiden sollte.
29.Sb5 De7. Statt des erzwungen Textzuges hatte ich 29. ... Txc2? geplant, was
jedoch durch 30.Dh7+! Kf8 31.Sxc7 Tb2+ 32.Ka1 und auf Turmabzug folgt Dxg7+ und Weiß
gewinnt, glatt widerlegt worden wäre.
30.Sd4 Df6. 30. ... Lxd4 31.Txd4 Df6 32.Tee4 sieht sehr gefährlich aus.
31.Dh7+ Kf8 32.Se4. Stärker war 32.f4 mit gefährlicher Angriffsstellung. Zu diesem
Zeitpunkt verfügten wir beide jedoch nur noch über wenige Sekunden bis zur
Zeitkontrolle.
32. ... De5 33.f4 Dxf4 34.Tf1. 34.Sxc6 ist besser, doch nach 34. ... Sxc6 kann
angesichts des starken schwarzen Läuferpaars nur der Nachziehende auf Gewinn spielen.
34. ... Dxe4. Ich wollte schon 34. ... De5 ziehen, aber dann saß ich plötzlich
der Fata Morgana, daß der Springer nicht gedeckt wäre, auf. Erst als ich ihn schon in
der Hand hielt, bemerkte ich, daß er durch die Dame auf h7 gedeckt war. Nach 34. ... De5
stand weiß natürlich klar auf Gewinn.
35.Dxe4 Sc4. Als Glück im Unglück hatte ich zu wenig Zeit, um aufzugeben und
fand noch einen letzten Trick. Natürlich gewinnt jetzt fast alles, wie z.B. 36.Sxc6 oder
36.bxc4, doch . ...
36.Sxe6+ Txe6 37.Dxe6. Noch immer gewann 37.Txf7+ Kxf7 38.Td7+ Kf8 39.Dxe6 oder
37.Dxc4.
37. ... Sa3+ und Weiß strich wegen des undeckbaren Matts die Segel.
Erfolg im Gegenangriff
Weiß: FM H. Beck
Schwarz: IM G. Schroll
Holländisch [A89]
Anm. IM G. Schroll
1. d4 f5 2. g3 Sf6 3. Lg2 g6 4. Sf3 Lg7 5. 0-0 0-0 6. c4 d6 7. Sc3 Sc6 8. d5 Se5 9.
Sxe5 dxe5 10. e4 f4 11. b4 Alternativen sind 11. b3 und 11. gxf4.
11. ... g5. Völlig verfehlt wäre, wie die Partie Bannik-Juchtmann, UdSSR 1964,
zeigt 11. ... e6 12. Lb2 exd5 13. exd5 Lf5 14. Te1 nebst Se4 und Weiß hat großen
Vorteil.
12. Lb2 g4 13. Te1 f3 14. Lf1 h5. Unklar nach J. Kristiansen.
15. c5 h4 16. Dd2!!. Ein multifunktioneller Zug: Die weiße Dame rückt via g5
dem feindlichen Monarchen zuleibe, bedroht den Bauern e5 und räumt das Feld e1 für den
Springer.
16. ... Ld7. Vielleicht doch nicht das Beste. Auf 16. ... De8 war allerdings 17.
Sb5 möglich und nach 17. ... hxg3 18. fxg3 f2+ 19. Dxf2 Sxe4 (19. ... Sxd5 20. Dd2) 20.
De3.
17. Lc4 Kh8 18. Dg5. Besser war 18. c6!?, was den Läuferzug widerlegt, denn
nach 18. ... Lxc6 erhält Weiß eine offene Linie und das starke Zentralfeld
"d5" und auf das reuemütige 18. ... Lc8 19. cxb7 Lxb7 ist der Läufer von der
Deckung des Bg4 nach Dg5 abgelenkt.
18. ... hxg3 19. hxg3. 19. fxg3 scheitert an 19. ... f2+ nebst Sxe4+ und
Damengewinn. Eine interessante Alternative bestand allerdings in 19. Dh4+ Sh7 20. Dxg3,
was ich mit dem Standardmanöver De8-h5 nebst Sg5 beantworten wollte. Nicht angängig war
allerdings 19. Dxe5 wegen 19. ... g2. Nun würde selbst Damentausch für Weiß zum Verlust
führen, da der Anziehende dem Plan Sg5, Th8 - nach h4 und Matt -, der Wanderung des
Springers nach h3 - nach der Vorbereitung De8 - der Wanderung des Springers nichts
entgegenzusetzen hätte.
19. ... Sh7 20. Dh5. Nach einem Rückzug der Dame gewinnt das Manöver De8-h5
nebst Sg5 praktisch von selbst.
20. ... Dc8!. Bereitet das entscheidende Manöver vor.
21. Sd1. Die letzte Chance auf Gegenspiel bot 21. c6 bxc6 22. dxc6 nebst
unklaren Verwicklungen.
21. ... Le8 22. Dh4 Lf6 23. Dh6 Tg8 24. Se3 Tg6.
25. Dh2 Tg5. Th5 ist nun nicht mehr zu verhindern.
26. Kf1 Th5 27. Dg1 Sg5. Droht sowohl Sh3-f4 als auch Se4-d2 matt.
28. Sf5. Resignation!
28. ... Sxe4 29. Txe4 Dxf5 30. Tae1.
30. Ld3 findet in 30. ... Lb5 eine hübsche Widerlegung.
30. ... Dh7 31. Txe5. Auf 31. Lxe5 folgt natürlich nicht 31. ... Th1 wegen 32.
Lxf6+, sondern einfach 31. ... Lxe5 und gewinnt.
31. ... Th1 und Weiß strich die Segel.